Vor Ort

Nordost

Nicht blenden lassen

Text Karin Aigner

Lutz Pscherer ist Teil des Netzwerks parteiaktiver Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter der IGBCE in Nordost und Thüringen. Seit Jahrzehnten engagiert er sich politisch und zeigt Haltung.

Offiziell Rentner, aber trotzdem immer noch in Gewerkschaftsfunktion unterwegs: Lutz Pscherer.

Foto: privat

Sein Rauschebart ist unverkennbar. Auch wenn dieser im Laufe der Jahre weiß geworden ist. Jeder kennt Lutz Pscherer nur mit Bart – aber Vorsicht, ein gemütlicher „Weihnachtsmann“ war er nie. Schon gar nicht während seiner 32-jährigen Betriebsratsarbeit, während der er sich für demokratische Werte, Gerechtigkeit und Solidarität einsetzte. Sein Motto: „Wer mich in die Mitbestimmung holt, muss damit rechnen, dass ich auch mitbestimmen will.“

So war Pscherer nach dem Mauerfall im April 1990 Mitgründer der neuen Gewerkschaft IG BEW (Industriegewerkschaft Bergbau, Energie, Wasserwirtschaft) und hat seitdem fast an jeder 1.-Mai-Demonstration teilgenommen. Und auch heute mischt der 69-Jährige, der mehr als 30 Jahre Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats beim Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz war, noch ordentlich mit: als Mitglied des Landesvorstandes der Christlich Demokratischen Arbeitnehmer (CDA) in Brandenburg.

Politik und Gewerkschaft sieht Pscherer als Ergänzung an, die Themenbetrachtungen von unterschiedlichen Standpunkten aus zulässt, ohne gleich in einen Klassenkampf zu verfallen. Seit Jahren bringt er sich aktiv in aktuelle Diskussionen ein: „Ob hohe Strompreise, Energiewende, Mindestlohn oder die Rente mit 63, wir als CDA werden die Themen aufgreifen und aus Arbeitnehmersicht diskutieren. Jeder sollte wieder vom Lohn seiner Arbeit leben können“, sagt er.

Wer mich in die Mitbestimmung holt, muss damit rechnen, dass ich auch mitbestimmen will.

Lutz Pscherer,
ehem. Betriebsrat

Lutz Pscherer ist einer, der mitreden kann, egal, worum es geht ob umfrüher“, die Wende oder „heute“. Große Teile Zeitgeschehen hat er hautnah miterlebt, wuchs in der DDR auf, war Schaltwärter im Kraftwerk Espenhain und studierte danach Physik und Elektrotechnik. Er kennt den Spagat zwischen Angst vor Rezession und Jobverlust gut.

Pscherer wünscht sich klare Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und dass sich die Politik wieder verstärkt an der Realität orientiert und die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt. Auch die aktuellen Probleme von jungen Menschen nimmt er ernst, rät ihnen: „Hinterfragt die Politik, vergleicht Programme, hört euch positive Beispiel an und lasst euch nicht von Populismus blenden. Fragt auf jeden Fall: Was bedeutet dieses politische Ziel für mich, für meine Zukunft, meine Familie, meine Arbeit?“

Er weiß: „Wenn man dann alles auf einem großen Blatt Papier aufschreibt, mit den jeweiligen Fürs und Widers, muss so mancher Politiker und manche Politikerin die Hosen runterlassen!“