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Vor Ort: Nord
Hamburg
Zuversicht und Wehrhaftigkeit
Trotz Kriegen, wirtschaftlichen Turbulenzen und dem Erstarken der Rechten rief IGBCE-Chef Michael Vassiliadis beim Neujahrsempfang des Landesbezirks in Hamburg zu Zuversicht, aber auch zu Wehrhaftigkeit auf. Stark besorgt über die wachsenden Zustimmungsraten für die AfD äußerte sich auch IGBCE-Landesbezirksleiter Nord Ralf Becker vor rund 500 Gewerkschaftsmitgliedern. Zukunftsängste und finanzielle Sorgen hätten bereits die breite Mitte der Gesellschaft erreicht. Das machten sich populistische Kräfte zunutze. Becker machte deutlich, dass „die Rechten weder eine Alternative noch eine wie auch immer definierte Basis für eine freiheitliche demokratische Gesellschaft“ seien.
Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis warnte angesichts der aktuellen Krisen und Unsicherheiten vor einer Weltuntergangsstimmung. „Die Welt geht nur unter, wenn wir nicht aufstehen und uns wehren!“ Die Unternehmen im Lande forderte er eindringlich auf, sich gegen Rassismus zu positionieren.
Stade
Hexcel: Rückhalt organisiert
Sebastian Studders und seine Kolleginnen und Kollegen haben das Ziel fest vor Augen. „Wir wollen 2024 einen guten Entgelttarifabschluss erzielen“, betont der Betriebsrat von Hexcel, dem Kunststoffproduzenten am Standort Stade. „Dafür brauchen wir einen starken Rückhalt in der Belegschaft.“ Die notwendigen Voraussetzungen hat das siebenköpfige Team mit der Sommer-Werbeaktion des Bezirks Hamburg-Harburg geschaffen: In zahlreichen Gesprächen konnte der Betriebsrat die Kolleginnen und Kollegen von den Vorteilen eines Gewerkschaftseintritts überzeugen.
„Die Mehrleistungen einer Mitgliedschaft wie Bildungsurlaub, Rechtsschutz und Freizeitaktivitäten, aber auch der Grundgedanke der Solidarität sind gute Argumente“, sagt Studders. Auch zahlreiche ehemalige Gewerkschaftsmitglieder konnten sie zurückholen – mit dem Ziel, „sie dieses Mal auch nach Abschluss bei der Stange zu halten“.
Bis Mitte Januar sind 33 Mitgliedsanträge eingegangen, damit hat Hexcel einen Organisationsgrad von weit über 50 Prozent. Nachdem im Januar die Tarifkommission gewählt worden ist, sei der Weg nun frei für Verhandlungen, bestätigt der zuständige Betriebssekretär Hans-Werner Svensson. „Wir wollen eine branchengerechte und zeitgemäße Entgelterhöhung.“
Oldenburg
Helfer im Dauereinsatz
Christian Eiting blickt auf 21 Tage im Dauereinsatz zurück. Seit Heiligabend hat der THW-Helfer mit 150 Freiwilligen in seiner Heimatstadt Oldenburg dem Hochwasser getrotzt. Vom Arbeitgeber freigestellt, hat das aktive Ortsgruppenmitglied in Zwölf-Stunden-Schichten die technische Einsatzleitung der Feuerwehr unterstützt. „Ich habe die Berichte unserer Ehrenamtlichen über die Pegelstände entgegengenommen und die Verteilung der Sandsäcke an die durchweichten und bedrohten Deiche organisiert“, berichtet der 33-Jährige. Mit Erfolg: Kein Deich ist gebrochen, die Stadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner blieben von Wasserfluten verschont. „Es ist schön, zu helfen und die Dankbarkeit der Menschen zu spüren.“
Göttingen
Entlassung statt Entlastung
Was als Entlastung der Laborbeschäftigten angekündigt war, führt zu zahlreichen Entlassungen: Der medizinisch-diagnostische Dienstleister Amedes baut in Göttingen sein bundesweit modernstes Labor, in dem ein Großteil der Arbeitsabläufe automatisiert wird. Erst im Oktober hat die Unternehmensführung mitgeteilt, bis zum vierten Quartal 2025 ganze 465 Vollzeitstellen abzubauen, insgesamt zehn Prozent der derzeit rund 4.400 Beschäftigten.
Laut Uta Kolaßa werde jeder zweite Arbeitsplatz im Labor wegfallen. Die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats hält Automatisierungen im Labor für grundsätzlich wichtig, um angesichts des Fachkräftemangels wettbewerbsfähig zu bleiben. Jedoch kritisiert sie, dass Betriebsräte und Gesamtbetriebsrat im Vorfeld „nicht rechtzeitig und umfassend über den tatsächlichen Umfang der Automatisierung und den möglichen Einsatz von künstlicher Intelligenz informiert“ wurden. Dabei sind derartige Maßnahmen mitbestimmungspflichtig.
Auch deshalb fordert sie die Begleitung der Transformationsprozesse durch die Betriebsräte sowie die aktive Mitgestaltung der Arbeitswelt von morgen. „Grundlegend dafür sind gut geschulte Betriebsräte“, so Kolaßa. Nicht weniger wichtig sei die Schulung der Mitarbeitenden, etwa aus der IT, über deren Informationspflichten gegenüber dem Betriebsrat. Aktuell verhandeln Unternehmensführung und Betriebsrat Interessenausgleich und Sozialplan.
Brunsbüttel
Langjährige Mitglieder geehrt
Vor rund 55 Gästen hat die Ortsgruppe Brunsbüttel im Oktober im Elbeforum ihre Jubilarinnen und Jubilare geehrt. Der stellvertretende Bezirksvorstandsvorsitzende Jörg Behrens dankte ihnen für ihre 25- bis 60-jährige Gewerkschaftsmitgliedschaft.
In seiner Rede ging Behrens auf die bevorstehenden Chemie-Tarifverhandlungen ein und erinnerte an die Bedeutung und den Wert von Tarifverträgen: „Nur sie schützen die Beschäftigten vor der Willkür der Arbeitgeber und sorgen für bessere Arbeitsbedingungen. Gehälter sind sicherer und in der Regel höher als ohne Tarifvertrag.“ Da heute nur noch jeder zweite Betrieb tarifgebunden ist, appellierte der Gewerkschafter an alle Anwesenden und Mitglieder, für jeden einzelnen Tarifvertrag zu kämpfen.
In der Dezember/Januar-Ausgabe der Profil wurde das Glaswerk Ardagh in der Aufmachergeschichte auf den Seiten 52–53 irrtümlich in Neuenkirchen angesiedelt. Selbstverständlich produziert das Unternehmen in Obernkirchen.
Hamburg
Bewegung durch Warnstreiks
Mit dieser starken Gegenwehr hatte die Unternehmensführung des Hamburger Kunstharzherstellers Allnex, der bis Mitte des Jahres geschlossen werden soll, nicht gerechnet: Nach vier Warnstreiks bei teilweise eisigen Temperaturen hat der Arbeitgeber in den seit Monaten stockenden Sozialplanverhandlungen Mitte Januar ein stark verbessertes Angebot vorgelegt, das „endlich die Tür für konstruktive Gespräche öffnet“, zeigte sich Betriebsbetreuerin Ute Sierck erleichtert. „Der Arbeitgeber hat in schwierigen Verhandlungen sein Budget für Abfindungen und Rentenansprüche der Kolleginnen und Kollegen deutlich erhöht und dafür auch eine feste Zusage gegeben.“
Die genaue Ausgestaltung müsse jetzt verhandelt werden. Dennoch werteten Tarif- und Verhandlungskommission die Erhöhung des Budgets als positives Signal und beschlossen eine Aussetzung weiterer Warnstreiks. „Dieses Ergebnis hätten wir ohne die Entschlossenheit und die Solidarität dieser sehr gut organisierten Belegschaft nicht erreicht“, betont Betriebsbetreuerin Ute Sierck.