Die Bundestarifkommission der IGBCE hat sich Mitte Januar einstimmig auf eine ausgewogene Forderungsempfehlung für die 70.000 Beschäftigten geeinigt.
Allen gerecht werden
Die IGBCE-Tarifkommission hat ihre Forderungsempfehlung für die Tarifrunde in der Kautschukindustrie vorgelegt.
Ja, es gibt Kautschukbetriebe, denen es zurzeit weniger gut geht. Das sind vor allem Reifenhersteller, die unter der kriselnden Automobilbranche leiden. Es gibt aber auch andere: Unternehmen, die zum Beispiel Fensterdichtungen, Schnuller, Nuckel für Nuckelflaschen und Kondome produzieren und damit Gewinne einfahren. Für die anstehende Tarifrunde in der Kautschukindustrie musste die Bundestarifkommission der IGBCE Mitte Januar deshalb eine ausgewogene Forderungsempfehlung aufstellen, um allen Betrieben der Branche mit ihren 70.000 Beschäftigten gerecht zu werden.
Einstimmig hat sie sich in Kassel auf folgende Punkte geeinigt: Die Entgelte sollten um 6,5 Prozent steigen, die Auszubildendenvergütungen sollen deutlich angehoben werden. In die Empfehlung aufgenommen hat die Tarifkommission außerdem die Forderung nach einem Bonus für Gewerkschaftsmitglieder. Zusätzlich soll die Schichtzulage steigen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.
„Die Beschäftigten müssen höhere Lebensmittelpreise, Mieten und Energiekosten stemmen“, betont Katharina Stihler, Verhandlungsführerin der IGBCE. „Das Leben hat sich in den vergangenen beiden Jahren deutlich verteuert.“ Seit Herbst ziehe außerdem die zwischenzeitlich gesunkene Inflation wieder an. „Mit unserer gut abgewogenen Forderungsempfehlung tragen wir der durchwachsenen Situation in der Kautschukindustrie Rechnung, wollen aber gleichzeitig Reallohnverluste der Beschäftigten verhindern“, erklärt Stihler.
Einige Betriebe machen nach wie vor gute Gewinne.
Katharina Stihler,
IGBCE-Verhandlungsführerin
Richtig sei, dass viele Betriebe der Branche vor wirtschaftlichen Problemen stehen. Richtig sei aber auch: „Einige Betriebe machen nach wie vor gute Gewinne.“ Und schon jetzt habe ein Großteil der Kautschukunternehmen Schwierigkeiten, neues Personal zu finden. Um insbesondere qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, auszubilden und dauerhaft zu binden und damit die Zukunft der Kautschukindustrie in Deutschland sicherzustellen, müssten die Vergütungen deutlich steigen.
„Wir fordern nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine faire und gerechte Teilhabe für unsere Mitglieder und unsere Beschäftigten“, unterstreicht Olaf Wüpperling vom Hamburger Autozulieferer Vibracoustic.
„Wir haben eine angemessene Forderungsempfehlung aufgestellt“, findet Jessica Tölle von ContiTech in Hannoversch Münden, einem Hersteller von Kautschuk- und Kunststoffprodukten. Wichtig für sie und ihre Kolleginnen und Kollegen im Betrieb sei vor allem der Mitgliederbonus.
Für Björn Bilz vom Reifenhersteller Goodyear in Hanau zählt bei der Empfehlung, dass damit alle Berufsgruppen und Sparten erreicht werden. „Die Schichtzulagen sind eine ganz wichtige Komponente, die unbedingt mal angegangen werden muss.“ Denn gerade Schichtarbeitsplätze würden in Zukunft zunehmend unattraktiv.
Die Breuberger Reifenfirma Pirelli stehe vor der anstehenden Tarifrunde wirtschaftlich gut da, betont Christian Grünewald. Er bewertet die Forderungsempfehlung als zukunftsorientiert. „Ich hoffe, dass die Arbeitgeber das genauso sehen wie wir und den Weg mit uns positiv begleiten.“
Ob das so kommen wird, wird sich zeigen: In den nächsten Wochen werden IGBCE-Mitglieder und Beschäftigte zunächst diese Forderungsempfehlung breit in den Betrieben und den Regionen diskutieren. Auf Grundlage der Forderungsempfehlung, dieser Diskussionen und der Ergebnisse der Beschäftigtenumfrage in der Kautschukindustrie wird die Bundestarifkommission ihre finale Forderung am 6. März 2025 beschließen.
Die Verhandlungen mit dem Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie (ADK) beginnen im Frühling: Die erste Verhandlung findet am 24. April statt, die zweite Verhandlung am 20. Mai. Der aktuelle Entgelttarifvertrag läuft noch bis zum 31. Mai 2025.