Arbeit & Gesellschaft

Hintergrundstory

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Wer will was?

Text Inken Hägermann – Foto Anna-Kristina Bauer

Die Bundestagswahl steht vor der Tür und mit ihr drängende Fragen: Was ist jetzt wichtig, um Standorte, Jobs und Gute Arbeit zu sichern? Die IGBCE hat Antworten gefunden und ihre Forderungen an die Politik in einem Papier gebündelt. Zudem hat Profil die Wahlprogramme der größten Parteien einem Check unterzogen: Wie stehen sie zu den Themen, die wichtig sind für die Beschäftigten der IGBCE.

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Es steht nicht gut um die deutsche Wirtschaft. Immer häufiger ist – gerade in den energieintensiven Branchen der IGBCE – die Rede von Verlagerungen, Stilllegungen, Personalabbau. Die Unsicherheit unter den Beschäftigten ist groß: In einer Umfrage unter IGBCE-Mitgliedern haben mehr als drei Viertel der Befragten die Wirtschaftslage als das dringendste Thema benannt, um das sich eine neue Bundesregierung kümmern soll.

Verantwortung Industriekrise: Politik

Derzeit häufen sich die Meldungen über Personalabbau, Standortschließungen und Produktionsverlagerungen in der Industrie. Wie groß ist deiner Meinung nach der Anteil der Politik an dieser Entwicklung?

Verantwortung Industriekrise: Arbeitgeber

Und wie groß ist aus deiner Sicht der Anteil der Arbeitgeber an dieser Situation?

Quelle: IGBCE

„Es ist entscheidend, dass wir im Wahlkampf Druck machen. Und anschließend noch mehr Druck in den Monaten der Regierungsbildung egal, wer dann koalieren will“, sagt der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. „Der Turnaround und die Modernisierung der Industrie und ihrer Arbeitsplätze gehören auf Platz eins der politischen Agenda.“ Die IGBCE hat deshalb unter dem Titel „Zukunft. Stark machen.“ ein umfassendes Forderungspaket mit detaillierten Vorschlägen erarbeitet, das die deutsche Industrie wieder nach vorn bringen soll, Standorte und Jobs sichert und bessere Arbeit für Beschäftigte bedeutet. Die zentralen Forderungspunkte sind klar. Investitionen zur klimagerechten Modernisierung unserer Industrie sind unausweichlich. Der Staat muss dabei den Wandel aktiv anschieben, indem er Transformationsvorhaben unterstützt, die sich aktuell noch nicht rechnen – das finanziert man aber nicht aus dem laufenden Haushalt. Dafür braucht es eine überparteiliche Allianz zur Reform der Schuldenbremse das sehen auch drei Viertel der befragten IGBCE-Mitglieder so.

Dringendste politische Themen

Welche Themenfelder sollte eine neue Bundesregierung aus deiner Sicht zuallererst angehen? (Rangfolge der Antworten)

Reform Industriestandort​

Derzeit werden viele Maßnahmen diskutiert, um den Industriestandort Deutschland wieder auf Vordermann zu bringen. Welche davon wären aus deiner Sicht besonders wichtig? (Rangfolge der Antworten)

Quelle: IGBCE

Eine weitere wichtige Forderung sind niedrigere Energiepreise die Kosten für Strom und Gas liegen aktuell deutlich über denen etwa in den USA oder Asien und sind ein schwerer Mühlstein für die energieintensiven Industrien. Auch die Verfügbarkeit von ausreichend Wasserstoff und grünem Strom muss verbessert werden. Ein größeres Verständnis für Industriearbeit und Zusammenhänge in der Industrie ist ebenfalls notwendig, um die Herausforderungen bewältigen zu können. Vorstellbar ist unter anderem ein eigenes Industrieministerium, in dem nicht nur Know-how gebündelt wird, sondern auch die Modernisierungsstränge zusammenlaufen.

Unsere IGBCE-Politik-Profis haben die Wahlprogramme der größten Parteien darauf geprüft, wie sie zu den zentralen IGBCE-Forderungen stehen und welche Ideen sie anbieten. Wie wollen die Parteien die Energiepreise senken, was sagen sie zur Mitbestimmung und zur Reform der Schuldenbremse? Antworten auf diese Fragen bekommst du hier:

SPD: Neustart mit höheren Investitionen geplant

Malte Lückert,
Vorstandssekretär des Vorsitzenden

Foto: Stefan Koch

Mit ihrem Programm präsentiert die SPD ein Paket, das besonders für die Beschäftigten in den Branchen der IGBCE interessant ist. Herzstück ist ein geplanter Deutschlandfonds über 100 Milliarden Euro aus öffentlichen und privaten Mitteln. Damit sollen Investitionen in die Modernisierung der deutschen Wirtschaft angeregt und die Energiepreise spürbar gesenkt werden. Gerade für energieintensive Industrien ist es wichtig, dass der nötige Ausbau der Übertragungsnetze stärker öffentlich finanziert wird.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Elektromobilität: Der Kauf von in Deutschland produzierten E-Autos soll wieder angekurbelt werden. So sollen in den wichtigen Leit­in­dus­trien Arbeitsplätze gesichert ­werden.

Um diese Vorhaben zu finanzieren, plant die SPD eine Reform der Schuldenbremse.

Auch sozialpolitisch will die SPD nachlegen: Der Mindestlohn soll auf 15 Euro pro Stunde steigen und die Mehrwertsteuer für Lebensmittel soll von sieben auf fünf Prozent sinken. Eine höhere Tarifbindung sowie eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere in den Bereichen Personalplanung, KI und Gesundheitsschutz, sollen zudem die Mitbestimmung und die Geschlechtergerechtigkeit stärken.

Beim Thema Wohnen setzt die SPD auf eine weiterentwickelte Mietpreisbremse und mehr geförderten Wohnungsbau, um die Mietpreise nachhaltig zu dämpfen. Die Rente soll dauerhaft auf einem Niveau von 48 Prozent stabilisiert, das Renteneintrittsalter nicht weiter angehoben werden. Wer 45 Beitragsjahre erreicht, soll weiterhin die Option auf einen früheren Ruhestand haben.

Für mehr Gerechtigkeit in der Kranken- und Pflegeversicherung sieht die SPD eine stärkere Einbeziehung privater Kassen vor, damit alle den gleichen Zugang zur medizinischen Versorgung haben.

Ob die ambitionierten Vorhaben der SPD am Ende mehrheitlich umgesetzt werden können, wird nicht zuletzt an der Reform der Schuldenbremse hängen und daran, ob der nötige politische Wille vorhanden bleibt, diesen Kurs konsequent durchzuhalten.

CDU/CSU: Politikwechsel für Deutschland geplant

Constanze Clodius,
Leiterin Vorstandsbüro Berlin

Foto: IGBCE

Der Politikwechsel der Union umfasst Steuersenkungen, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten: über die schrittweise Senkung des Einkommensteuertarifs und das spätere Greifen des Spitzensteuersatzes. Den Solidaritätszuschlag wollen CDU/CSU abschaffen. Für Berufspendler soll es eine höhere Pendlerpauschale und bei Grunderwerbs- und Erbschaftssteuer höhere Freibeträge geben. Eine Vermögenssteuer ist nicht vorgesehen, das Ehegattensplitting soll bleiben.

Die Frage, wie die vorgeschlagenen Steuerentlastungen und Investitionen finanziert werden sollen, wird nicht beantwortet. Im Gegenteil: An der Schuldenbremse will die Union festhalten. Eine Rechnung, die nicht aufgehen kann: Große Entlastungen versprechen, aber nicht sagen, woher das Geld dafür kommen soll, bedeutet im Klartext: Kürzungen an anderer Stelle, etwa beim Bürgergeld.

Der kritische Blick gilt auch für den Bereich Mitbestimmung; hier bleibt die Union im Wahlprogramm mehr als vage. Eine höhere Tarifbindung wird als Ziel benannt, aber ohne konkrete Zielmarke. Man wolle die betriebliche Mitbestimmung „auf die Höhe der Zeit“ bringen. Die Maßnahmen dazu lesen sich jedoch wie ein „Einerseits-andererseits“: Es soll mehr allgemein verbindliche Tarifverträge geben, aber mit mehr Tariföffnungsklauseln. Die positive wie negative Koalitionsfreiheit müsse geschützt werden und unter Schutz für Betriebsräte versteht das Wahlprogramm die Prüfung eines weiteren Handlungsbedarfs.

Das Wahlprogramm von CDU und CSU legt einen starken Fokus auf die Stärkung von Industrie und Wirtschaft. Unter anderem wird die Senkung von Stromsteuer und Netzentgelten benannt. Netze, Speicher und Erneuerbare sollen ausgebaut, aber auch an der „Option Kernenergie“ festgehalten werden inklusive Prüfung einer Wiederaufnahme der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke. Die Unternehmenssteuer soll auf maximal 25 Prozent gesenkt werden.

Aus IGBCE-Sicht positiv zu bewerten ist die geplante Senkung von Stromsteuer und Netzentgelten. Die Frage der Ausgestaltung bleibt – wie bei allen anderen Punkten von zentraler Bedeutung. Das Festhalten an der Schuldenbremse und das Schleifen des Sozialstaates sind kritisch zu beurteilen.

Bündnis 90/Die Grünen: Investitionen in Transformation

Hannes Hauke Kühn,
Internationaler Sekretär,
Abteilung Politik und Internationales

Foto: IGBCE

Bündnis 90/Die Grünen haben zur Finanzierung der Transformation mit dem Deutschlandfonds eine Idee, wie investiert werden kann. Zudem sollen Industrien am Standort gehalten werden mit einer Investitionsprämie für Unternehmen, die hier investieren, bis die Schuldenbremse reformiert ist.

Klimaschutzverträge sollen auch künftig Unternehmen in Transformation stärken, die Forderung nach vollständiger Kreislaufwirtschaft und das Bekenntnis zur Stärkung der europäischen Industrie finden sich im Programm ebenfalls. Die Position zum CO2-Grenzausgleichsmechanismus und dessen Ausbau überzeugt, ebenso die Verhinderung unfairer Handelspraktiken und die Umsetzung des Lieferkettengesetzes. In der Chemikalienpolitik muss sich bei allen Bekenntnissen zum risikobasierten Ansatz von Reach und PFAS zeigen, ob die Partei ihr Wort hält.

In der Energiepolitik wird es sehr ausbaufähig. Die Grünen fordern noch immer einen Kohleausstieg ab 2030. Bei CO2-Nutzung und -Speicherung (CCS und CCU) sind sie offener als früher. Sie treten für die Strompreisentlastung von Haushalten und Betrieben ein und fordern eine Strompreiskompensation globaler Konzerne. Zudem wollen sie Netzentgelte abschaffen und die Stromsteuer senken. Die Auflösung der Farbenlehre beim Wasserstoff fehlt: Nur grün soll er sein – das ist zu wenig.

Zu Gleichstellung, Kitaausbau, Arbeitsbedingungen in Erziehung, Gesundheit und Pflege sind die Grünen klar und fordern eine Stärkung der Fachkräfteeinwanderung. Sie wollen das Rentenniveau stabilisieren, am Renteneintrittsalter festhalten und langfristig die Bürger*innenversicherung. Grundsätzlich stehen sie positiv zu Mitbestimmung und Tarifbindung, im Detail findet sich allerdings wenig zu Vorteilen von Gewerkschaftsmitgliedern oder konkreten Ideen zur Verbesserung von Unternehmensmitbestimmung und Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Industriepolitisch sind die Grünen überraschend oft nah an der IGBCE. Allerdings fordern sie zum Beispiel weiterhin den Kohlausstieg bis 2030 – ein IGBCE-No-Go. Auch lehnen sie Gasförderung in Deutschland ab.

FDP: Steuerliche Entlastungen geplant

Malte Harrendorf,
Fachsekretär,
Abteilung Politik und Internationales

Foto: IGBCE

Die FDP setzt auf steuerliche Entlastungen und strengere Regeln nach dem Motto „Alles lässt sich ändern“. Beim Thema Migration wird eine neue Realpolitik angestrebt, die eine angebliche Einwanderung in die sozialen Sicherungssysteme unterbinden soll.

Trotz aller Beteuerungen: Das Freiheitsversprechen im Wahlprogramm beschränkt sich auf die Starken. Solidarität kommt exakt viermal vor: unter anderem in Zusammenhang mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlags und beim Thema Respekt gegenüber Leistungsträgern. Die FDP will den Grundfreibetrag in der Einkommenssteuer im Zuge der Bürgergeldreform um mindestens 1.000 Euro anheben. Überstunden sollen bei Vollzeitarbeit nicht besteuert werden.

Weiter plant die FDP die Anhebung des Spitzensteuersatzes von 68.000 auf 96.600 Euro. Jegliche Form einer Vermögenssteuer oder Vermögensabgabe lehnt die FDP entschieden ab, ganz genau so wie die Reform der Schuldenbremse. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 im deutschen Klimaschutzgesetz soll durch das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ersetzt werden. Leitinstrument der Klimapolitik soll die CO2-Bepreisung bleiben die aufgrund von Streckung der Klimaschutzziele, Technologieoffenheit und der Pro-Kopf-Rückvergütung der Einnahmen aus dem Emissionshandel teure Subventionen überflüssig machen soll. Die FDP möchte das Streikrecht in kritischen Bereichen einschränken, um verpflichtende Schlichtungsvereinbarungen zu Beginn von Tarifverhandlungen, Mindestankündigungsfristen sowie die Sicherstellung eines Notbetriebs zu ermöglichen.

Aus Sicht der IGBCE braucht es aktive Industriepolitik, starke Mitbestimmung und stabile Finanzierungsverhältnisse. Die FDP ist davon weit weg. Auch die Forderungen zum Streikrecht lehnt die IGBCE ab.

AfD: Zurück ins fossile Zeitalter

Nils Hindersmann,
Abteilungsleiter,
Abteilung Politik und Internationales

Foto: Stefan Koch

Die AfD will mit ihrem Wahlprogramm eine Modernisierung Deutschlands verhindern. Den erneuerbaren Energieträgern wird der Kampf angesagt. Die Partei von Alice Weidel will die Nord-Stream-Leitung wieder instand setzen und russisches Erdgas importieren, den Kohleausstieg beenden und die Atomkraft wieder nutzbar machen. Das Thema E-Mobilität lehnt die AfD ebenfalls ab und setzt stattdessen auf Verbrennermotoren.

Die Europäische Union in ihrer bisherigen Form soll abgeschafft und in einen Bund europäischer Staaten umgewandelt werden. Als Währung soll die D-Mark wieder eingeführt werden, die Kryptowährung Bitcoin soll von Regulierung befreit ­bleiben.

Mit fossilen und nuklearen Energieträgern der Vergangenheit sollen neue Abhängigkeiten auf den internationalen Rohstoffmärkten geschaffen werden, ohne dass mit gezielten Investitionen in Zukunftstechnologien neue Wettbewerbsvorteile geschaffen werden.

In der Sozialpolitik strebt die AfD ein höheres gesetzliches Rentenniveau durch die Einbeziehung von Beamten und höhere Rentenbeiträge an. Außerdem soll der Bundeszuschuss aus Steuern zur Renten- und zur Krankenversicherung unter Einhaltung der Schuldenbremse deutlich erhöht werden.

Die Grundsicherung für Arbeitssuchende soll sich wieder an der Höhe und der Systematik des Hartz‑IV-Systems orientieren. Zusätzlich sollen beitragsfinanzierte Leistungen der Arbeitslosenversicherung drastisch gekürzt werden. So sollen Arbeitslose ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld verlieren, wenn sie nicht mindestens drei Jahre einbezahlt haben (bislang zwölf Monate). Auch die bisherige Versicherungsleistung von mindestens zwölf Monaten Arbeitslosengeld soll man erst nach 15 Beitragsjahren erreichen. Das wäre eine drastische Leistungskürzung in der Arbeitslosenversicherung.

Die wirtschafts- und industriepolitischen Ideen der AfD helfen weder, den Standort Deutschland zu erneuern, noch sind sie dazu geeignet, neue Absatzmärkte zu erschließen. In der Sozialpolitik hat sie viele Ideen, die vor allem sozial Schwächere belasten.

Die Linke: Bezahlbareres Wohnen

Andreas Bodemer,
Leiter Europa-Büro Brüssel,
Abteilung Politik und Internationales

Foto: IGBCE

Gewerkschaften nehmen im Wahlprogramm der Linken einen prominenten Platz ein und man hat viel vor. Die Folge ist ein umfangreicher Katalog an Vorschlägen, die nicht immer wirklichkeitsnah sind, aber stets mit dem Bemühen, Tarifbindung und Mitbestimmung zu stärken. Lobenswert auch das Ansinnen, die Rechte der Auszubildenden zu verbessern.

Bezahlbares Wohnen definiert die Linke als die zentrale soziale Frage unserer Zeit. Geplant ist dazu eine Investitionsoffensive für den sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau. Das würde auch den Unternehmen der Bauchemie nützen. Der Druck auf private Vermieter*innen würde indes enorm steigen.

Die Schuldenbremse ist für die Linke eine Investitionsbremse und soll weg. Wie die IGBCE auch fordert die Linke, dass öffentliche Mittel nur im Gegenzug zu Tariftreue und Standortsicherung vergeben werden dürfen. Dies gilt ebenso für die Schaffung grüner Leitmärkte.

Industriepolitisch wird es dennoch heikel. Festgestellt wird, dass die Grenzen des fossilen Kapitalismus erreicht seien. Die Linke fordert ein Verbot von CCS und einen Erdgasausstieg nach dem Vorbild von Atom und Kohle. Im Bereich Pharma sind der Linken die „Milliardenprofite“ der Unternehmen ein Dorn im Auge. Entsprechend fordert die Linke eine öffentliche Kontrolle über die Arzneimittelforschung und eine einheitliche Festlegung der Preise für Arzneimittel auf EU-Ebene.

Europapolitisch kommt das Linken-Wahlprogramm mit der Forderung nach mehr Demokratie in einem sozialen Europa und einer Investitionsoffensive ohne Aufreger aus. Es folgt ein klares Bekenntnis zur Solidarität mit der Ukraine. Vergleichsweise milde ist in diesem Zusammenhang die Kritik an Waffenlieferungen, die keine Lösung seien.

Alles in allem ist das Programm bedingt anschlussfähig an die Positionen der IGBCE, etwa die Forderung, die Vergabe öffentlicher Mittel an Bedingungen wie Tariftreue und Standortsicherung zu knüpfen. Auch beim Thema Schuldenbremse gibt es Überschneidungen. Industriepolitisch liegt man weit auseinander.

BSW: Neustart für die Wirtschaft

Alexander Roeske,
Fachsekretär,
Abteilung Politik und Internationales

Foto: IGBCE

Unter dem Motto „Unser Land verdient mehr“ fordert das BSW in einem Kurzwahlprogramm einen grundlegenden politischen Neustart, um Deutschland wirtschaftlich, sozial und politisch zu stärken. Das Programm mit 35 Vorhaben setzt auf eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft des späten 20. Jahrhunderts, modernisiert für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

In der Wirtschaftspolitik soll diese 180-Grad-Wende durch die Senkung von Energiepreisen, die Abschaffung des CO2-Preises und die Rückkehr zu langfristigen, günstigen Energieimportverträgen mit Russland erreicht werden. Wie damit die Transformation der Industrie gelingen soll und die deutschen CO2-Emissionen gesenkt werden sollen, bleibt offen. Aus Sicht der IGBCE ist allerdings zu begrüßen, dass ein massives Investitionsprogramm vorgesehen ist, um die marode Infrastruktur zu ­erneuern.

Zur Bekämpfung der sozialen Ungleichheit wird eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, eine Steuerreform zugunsten der Mittelschicht und eine Mindestrente von 1.500 Euro nach vierzig Versicherungsjahren vorgeschlagen. Langfristig sollen alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Zudem sollen die Chancengleichheit im Bildungsbereich durch Zentralisierung der Lehrpläne gestärkt und das Gesundheitssystem reformiert werden. Ein Mietendeckel, der Stopp von Mieterhöhungen bis 2030 und der Ausbau des gemeinnützigen Wohnungsbaus sollen die Wohnraumkrise bewältigen. Im Bereich Migration sollen striktere Grenzkontrollen und eine Verlagerung von Asylverfahren in sichere Drittstaaten ungeregelte Mi­gra­tion stoppen.

Das BSW will sich nur an einer Regierung beteiligen, die den Willen und die Fähigkeit hat, Wohlstand zu sichern und für mehr Gerechtigkeit und Frieden zu sorgen. Dazu wird eine klare Abkehr von bisherigen politischen Rezepten gefordert, man setzt stattdessen auf ein „Kompetenzkabinett“ aus Fachleuten.

Sozialpolitisch finden sich im Programm des BSW viele IGBCE-Forderungen wieder. Wirtschafts- und industriepolitisch überzeugt das Programm bis auf das Investitionsprogramm hingegen wenig.

Aktionstag: Es geht um deine Zukunft

Der Wahlkampf ist spätestens am 23. Februar 2025 vorbei. Aber auch danach wollen IGBCE und IG Metall gemeinsam den Druck auf die Politik und die neue Bundesregierung hoch halten: Deswegen gehen am 15. März Mitglieder der beiden Industriegewerkschaften Seite an Seite auf die Straße, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Das Motto des bundesweiten Aktionstages lautet „Mein Arbeitsplatz. Unser Industrieland. Unsere Zukunft!“

In fünf Städten – Hannover, Stuttgart, Köln, Frankfurt und Leipzig – wird es am 15. März von 12 bis 14 Uhr zentrale Versammlungen geben. In Hannover ist die Hauptkundgebung angesetzt, bei der der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis und die Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, sprechen werden. Geplant sind zudem Liveschalten von Standort zu Standort, unter anderem soll die Rede von Vassiliadis zu den anderen Standorten gestreamt werden. Auch ein Musikprogramm wird vorbereitet.

Mit dem Aktionstag wollen IGBCE und IG Metall gemeinsam ein Signal Richtung Arbeitgeber und Politik senden: Die Arbeitgeber müssen sich zum Standort Deutschland bekennen, Schluss mit Jobabbau, Standortschließungen und Verlagerungen. Und eine neue Bundesregierung muss schnell handeln, die Bedingungen für die Industrie verbessern, soziale Sicherheit im Wandel garantieren. Denn hier geht es nicht um Rendite, sondern um die Menschen in diesem Land – unsere Jobs, unsere Familien, unsere Zukunft. Auch du kannst dabei sein – je mehr Menschen auf die Straße gehen, desto größer ist der Druck auf Politik und ­Arbeitgeber.

Die Anreise zu den fünf Veranstaltungsorten wird in den Bezirken beziehungsweise Landesbezirken koordiniert. Nähere Infos zur Anreise und zum Programm findest du auf igbce.de.

Alle Infos zur Wahl und zu unseren Forderungen.