Wir wehren uns!
557 von rund 1.150 Stellen will der Reifenhersteller Goodyear im osthessischen Fulda streichen. 450 Arbeitsplätze fielen schon 2019 weg. Die IGBCE und der Betriebsrat befürchten einen Tod des Werks auf Raten.
Knapp 1.000 Beschäftigte von Goodyear haben sich Anfang Juli im Rahmen einer außerordentlichen Betriebsversammlung vor dem Werk in Fulda versammelt, um sich gegen den vom Unternehmen geplanten Stellenabbau zu wehren. Goodyear will dort etwa die Hälfte der Arbeitsplätze abbauen, insgesamt 557. Zu ihrer Unterstützung waren Kolleginnen und Kollegen anderer Goodyear-Standorte, anderer Betriebe aus der Region sowie Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik gekommen: Die Landtagsabgeordneten Sabine Waschke (SPD) und Silvia Brünnel (Grüne), der Landrat des Landkreises Fulda, Bernd Woide (CDU), sowie Fuldas Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld (CDU).
Wir haben darauf vertraut, dass unser Werk für die nächsten Jahrzehnte gesichert ist.
Ines Sauer
Mit Trillerpfeifen und Buhrufen machten die Versammelten ihrem Ärger Luft. Bereits 2019 hatte Goodyear in Fulda 450 Arbeitsplätze gestrichen und in der Folgezeit rund 40 Millionen Euro in den Standort investiert. „Wir haben darauf vertraut, dass unser Werk für die nächsten Jahrzehnte gesichert ist“, rief die Goodyear-Betriebsratsvorsitzende Ines Sauer den Anwesenden zu. Jetzt schon wieder Arbeitsplätze abzubauen, das wolle sie nicht hinnehmen. „Das wird kein Hundertmeterlauf, sondern ein Marathon. Jeder einzelne Arbeitsplatz ist es wert, dass wir uns mit allen Mitteln wehren. Wir lassen ein Sterben unseres Standorts in Raten nicht zu!“
Anne Weinschenk, Konzernbetreuerin und Bezirksleiterin Mittelhessen, erinnerte an die Vereinbarung von 2019. Sie kritisierte, dass das Unternehmen trotz der Investitionen im Millionenbereich nun einen schlechten Automatisierungsgrad bemängelt. „Das halte ich für vorgeschoben.“
IGBCE und Goodyear-Betriebsrat wollen nun um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Und sie wollen eine Garantie vom Arbeitgeber, die die Zukunft des Standorts sichert.
3 Fragen an …
Anne Weinschenk
Die IGBCE-Betriebsbetreuerin für Goodyear Fulda und Bezirksleiterin Mittelhessen zum geplanten Jobabbau.
Wie ist die Stimmung unter den Beschäftigten?
Sie sind sauer. Nachdem schon vor vier Jahren 450 Arbeitsplätze weggefallen sind, hat Goodyear massive Investitionen in den Standort versprochen. Die haben die Kolleginnen und Kollegen genutzt, um aus Fulda ein profitables Werk zu machen. Und das ist es immer noch. Dass jetzt ein weiterer Arbeitsplatzabbau nötig sein soll, ist für uns unverständlich. Das Unternehmen sagt, die wirtschaftliche Situation sei schlechter als im Jahr 2019, und es will deswegen beim Sozialplan sparen. Wütend macht mich, wenn ich dann lese, dass der Geschäftsführer von Goodyear 17 Millionen Dollar in einem Jahr bekommen hat.
Wie bewertest du das Verhalten des Unternehmens?
Der Arbeitsplatzabbau ist verantwortungslos, der Umgang mit den Beschäftigten unverschämt. Noch im April hat uns Goodyear bei einer Betriebsversammlung gute Zahlen präsentiert und die Belegschaft gelobt. Und am 1. Juni werden dann im Stundentakt die Gremien und die Beschäftigten informiert, dass 557 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Wenige Tage später legt das Unternehmen dann dem Betriebsrat einen Sozialplan vor, den er nur noch unterschreiben soll. Da ist ja wohl offensichtlich, dass das von langer Hand geplant war.
Was wollt ihr erreichen?
Der Standort Fulda muss erhalten bleiben. Uns ist unverständlich, warum dieser Arbeitsplatzabbau nötig sein soll. Wir sind nicht bereit, uns über Abfindungen zu unterhalten, solange uns nicht plausibel erklärt wird, was dahintersteckt, und vor allem auch, wie die Zukunft aussieht für diejenigen, die hierbleiben sollen. Mehr als drei Viertel der Belegschaft sind Mitglied bei uns. Goodyear muss sich auf lange, zähe Auseinandersetzungen einstellen!