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Bayern

Frischer Wind

Text Michael Kniess

Die Betriebsratswahl 2022 brachte besonders viele ehemalige JAV-Mitglieder neu in die Gremien. Ein Jahr später bilanzieren drei von ihnen.

Tanja Ippenberge

Foto: privat

Durch die Veränderungen der Wahlordnung zur Betriebsratswahl wurden 2022 besonders viele ehemalige Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV) neu in die Gremien gewählt. Die Kolleg*innen des IGBCE-Bezirks München haben die jungen Betriebsratsmitglieder ein Jahr später interviewt. Sie berichten von der Übergangsphase, den Erfahrungen und Herausforderungen, aber auch den Unterschieden zwischen JAV- und BR-Arbeit.

Tanja Ippenberger von der Schott AG am Standort Landshut wurde vom JAV-Vorsitz direkt zur stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Für sie war es anfangs schwierig, die neue Tätigkeit im Betriebsrat und die alltägliche Arbeit zu vereinen. Gefordert war für sie deshalb zunächst ein gutes Zeitmanagement. Doch nach einem Jahr überwiegen für sie die positiven Aspekte: „Dank der Freistellung kann ich mich dem besser widmen, was den Kolleg*innen unter den Nägeln brennt, und sie besser unterstützen.“ Generell seien Möglichkeiten und Einfluss der Mitbestimmung durch den Betriebsrat noch mal viel intensiver als gedacht.

Einfluss ist intensiv.

Tanja Ippenberger,
stv. Betriebsratsvorsitzende

Als Betriebsrätin ist es ihr deshalb wichtig, über aktuelle politische Themen und gesetzliche Änderungen Bescheid zu wissen und sich regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen. Sie betont: „Dieses Wissen ist Voraussetzung, um mit der Arbeitgeberseite auf Augenhöhe diskutieren zu können.“

Gleichwohl war für Tanja Ippenberger der Wechsel von der Jugend- und Auszubildendenvertreterin zur Betriebsrätin nicht so gravierend: „Da ich auch während meiner vorherigen Tätigkeit gut und eng mit Betriebsrat und IGBCE zusammengearbeitet habe, wusste ich immer Bescheid, welche Themen gerade aktuell sind.“ Herausforderungen sieht sie dennoch: „Die Erwartungshaltung der Kolleg*innen ist mitunter sehr groß. Leider musste ich auch lernen zu akzeptieren, dass man nicht alle Wünsche erfüllen kann.“

Mareile Siegmund

Foto: privat

Auch Mareile Siegmund von United Initiators in Pullach ist zufrieden mit ihrem ersten Jahr als Betriebsrätin: „Generell macht mir die Arbeit viel Spaß und ich merke, dass ich dadurch einen wichtigen Beitrag zur Mitbestimmung im Betrieb leisten kann. Als Betriebsratsmitglied bekommt man noch mehr mit, was hinter den Kulissen im Unternehmen passiert, und hat einen besseren Überblick über die betriebliche und wirtschaftliche Lage.“ Was sie aber auch recht schnell festgestellt hat: „Für die BR-Arbeit ist tatsächlich mehr rechtliches Hintergrundwissen nötig. Außerdem ist es das A und O, seine Rechte und Pflichten als Betriebsrätin zu kennen. Die Schulungen der IGBCE helfen dabei und sind unheimlich wichtig, um sich dieses Wissen anzueignen.“ Bei ihren Kolleg*innen im Betrieb fühlt sich Mareile Siegmund wahr- und ernst genommen. Wenngleich es für sie in ihrer eigenen Abteilung manchmal schwieriger geworden ist, weil die Arbeit nicht weniger geworden und sie oft in Betriebsratstätigkeit eingebunden ist.

IGBCE hilft mit nötigem Wissen.

Mareile Siegmund,
Betriebsrätin

„Betriebsratsarbeit nimmt viel Zeit in Anspruch, was bei nicht freigestellten Mitgliedern unweigerlich dazu führt, dass man das Gefühl bekommt, die Kolleg*innen in der Abteilung im Stich zu lassen.“ Doch durch solche Momente dürfe man sich nicht verunsichern lassen, sondern man müsse sich immer wieder vor Augen führen, wie viel man als Betriebsrat auch für die Kolleg*innen erreiche: „Denn als Betriebsrat nehmen wir in unserer täglichen Arbeit ja das in den Blick, was im Betrieb wichtig und nötig ist, damit die Kolleg*innen auch gern zur Arbeit kommen und sich wohlfühlen.“

Antonia Hierhager

Foto: privat

Antonia Hierhager von Linde in Unterschleißheim ist ebenfalls überzeugt von ihrer neuen Funktion: „Als JAVi war ich stille Beobachterin. Jetzt als Betriebsrätin kann ich direkten Einfluss nehmen und an Entscheidungen im Gremium mitwirken. Außerdem trägt man Verantwortung für seine Kolleg*innen, indem man unterschiedlichen Betriebsausschüssen angehört und dort die Arbeit im Betrieb mitgestaltet.“

Noch während ihrer Amtszeit als JAVi hat sie ihre Ausbildung beendet und ist in einer recht großen Abteilung im Betrieb als Assistentin übernommen worden. Durch diese neue Eingliederung hat sie nicht nur einen Blick für die Probleme der Auszubildenden bekommen, sondern konnte auch ein neues Verständnis für betriebliche Strukturen und Bedürfnisse der Beschäftigten entwickeln: „All das hat mich dazu bewogen, mich als Kandidatin zur Betriebsratswahl aufstellen zu lassen. Es braucht frischen Wind – das motiviert mich.“

Es braucht frischen Wind.

Antonia Hierhager,
Betriebsrätin

Als frisch gewählte Betriebsrätin hat sich Antonia Hierhager direkt bei einem BR‑1-Grundlagenseminar bei der IGBCE BWS angemeldet, um sich das nötige „Rüstzeug“ als Betriebsrätin anzueignen und es einzusetzen: „Als neue Betriebsrätin habe ich dann die JAV-Wahl bei uns geplant und durchgeführt. Außerdem begleite ich das Thema Ausbildung in unserem Ausbildungsausschuss.“