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Brandmauern ziehen

Vertrauensleute im Bezirk Hamburg-Harburg kontern Hass und Hetze im Betrieb.

Foto: medienbuero/Kohlhöfer

Ein Kollege zeigt Tiktok-Videos mit rassistischen Inhalten, eine Kollegin wettert über angebliche Sozialschmarotzer. Hass und Hetze machen auch vor Kantine, Werkbank oder Pausenraum nicht halt. „Was tun?“, fragen sich immer mehr Gewerkschaftsmitglieder. Weghören und Stillschweigen wirken letztendlich wie Zustimmung, meint Elissa Lo Coco, Vorsitzende der gewerkschaftlichen Vertrauensleute von Aurubis. „Wenn ich die Möglichkeit habe, versuche ich, über die Inhalte aufzuklären, Fakten entgegenzusetzen.“

Die Situation ist ernst, mahnte Stephan J. Kramer, Verfassungsschutzchef in Thüringen, auf der Vertrauensleutekonferenz des IGBCE-Bezirks Hamburg-Harburg Anfang Februar. Sie stand ganz im Zeichen des betrieblichen Engagements gegen Populismus und Rechtsextremismus: „Die Rechtsextremisten und die Neue Rechte haben es geschafft, an die Wurzeln unserer Demokratie zu kommen. Hier geht es um die Fundamente unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und offenen Gesellschaft“, kritisierte Kramer. Wichtige Akteure im Kampf gegen Populismus und Rechtsextremismus seien die gewerkschaftlichen Vertrauensleute. Sie seien „der Kitt, der unsere Demokratie und unsere offene Gesellschaft zusammenhält und lebenswert macht“. Auch Bezirksleiter Jan Koltze forderte, „die Werkbank und die Kantinen nicht den Parolenklopfern oder gar Rechtsextremen zu überlassen“. Er hofft, dass das gesellschaftliche Bollwerk, aktuell durch Großdemonstrationen eindrücklich auf die Straße gebracht, auch in den Betrieben gezogen wird.

Um das zu unterstützen, ruft der Bezirksvorstand zu einer „Sozialpartner-Initiative gegen Populismus“ auf. Diese fordert Betriebsräte auf, gemeinsam mit den Unternehmensleitungen eine Resolution gegen Populismus, Antisemitismus, Rassismus und Verschwörungsmythen zu verabschieden und sie vor die Belegschaft zu tragen. „Als aktive Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter treten wir für Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz ein“, so Koltze. „Deswegen wollen wir mit dieser Aktion ein deutliches Zeichen setzen und die Beschäftigten mitnehmen.“

Demokratietrainer Harald Berndt sieht gerade am Arbeitsplatz eine große Chance, noch Unentschlossenen andere und möglicherweise neue Sichtweisen anzubieten: „Hier treffen sich die unterschiedlichsten Menschen und haben die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen“, so Berndt. „Die Beschäftigten haben eine starke Verbindung: Alle möchten Geld verdienen, und das geht nur zusammen.“ Das könne eine Basis schaffen – für das Kantinengespräch wie für Unternehmensvereinbarungen.

Erste Unternehmen wie Tesa haben eine solche Erklärung bereits im Intranet veröffentlicht.

Foto: Ole Spata/MB

3 Fragen an …

Wiebke Osigus

Die niedersächsische Europaministerin über die anstehenden Europawahlen.

Was ist die Aufgabe des niedersächsischen Europaministeriums?

Wir vertreten ganz unterschiedliche Bereiche jeweils aus der niedersächsischen Sicht: Die niedersächsische Wirtschaft ist breit aufgestellt und stark exportorientiert. Im Land gibt es eine Reihe energieintensiver Industrien und Arbeitgeber von überregionaler Bedeutung. Der Agrarbereich ist deutschlandweit führend und an der niedersächsischen Nordseeküste haben wir wichtige Häfen. Zudem verfügt Niedersachsen über erneuerbare Energien insbesondere bei der Produktion von Windenergie steht es deutschlandweit an der Spitze. Diese sehr unterschiedlichen Interessen Niedersachsens vertreten wir, indem sich das Europaministerium aktiv bei politischen Weichenstellungen und Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene einbringt. Genauso wichtig ist es, dass wir uns auf neue Themen und Entwicklungen der Europäischen Union (EU) rechtzeitig einstellen oder selbst die Initiative ergreifen.

Was hat die Europapolitik mit den Menschen und den Unternehmen vor Ort zu tun?

Hier nehmen wir den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel Europas wahr und gestalten ihn mit. Um uns zukunftsfest zu machen, erhält Niedersachsen EU-Gelder. Darüber hinaus wird die Wirtschaft dort unterstützt, wo Landesgeld oder Eigenmittel nicht hinfließen oder aufgestockt werden müssen. In den Jahren 2021 bis 2027 fließen mehr als acht Milliarden Euro nach Niedersachsen. Auch die Klimaziele der EU lassen sich nur mit einer umfangreichen europäischen Förderung erreichen. Wir brauchen eine verbindliche Förderzusage der EU, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer energieintensiven Industrien sicherzustellen. Die Bemühungen um weniger Emissionen dürfen nicht zur Abwanderung wichtiger Industrien wie der Chemiebranche aus der EU führen. Um die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien bis 2040 zu erreichen, brauchen wir Zugang zu sehr großen Mengen CO₂-armer Energie. Das „Netto-Null-Industrie-Gesetz“, auf das sich EU-Parlament und Mitgliedsstaaten nun geeinigt haben, soll Genehmigungsverfahren vereinfachen und mehr Investitionen in klimafreundliche Technologien ermöglichen. Dies wäre auch für Niedersachsen eine wichtige Weichenstellung auf dem Weg zum Klimaziel 2040.

Warum ist es so wichtig, am 9. Juni zur Europawahl zu gehen?

Deutschland profitiert sehr von der starken Gemeinschaft EU. Im Wettbewerb mit globalen Wirtschaftsriesen wie den USA oder China sind wir gemeinsam mit den 26 Partnern wesentlich stärker, als wenn wir uns nur national aufstellen würden. Am Brexit sehen wir, dass Alleingänge den Wohlstand gefährden. Jede und jeder sollte wählen gehen, um die politischen Kräfte zu steuern und letztendlich die Zukunft zu gestalten. Wir müssen auch unseren gemeinsamen Binnenmarkt erhalten. Ich appelliere auch an die 16- und 17-Jährigen, die erstmals abstimmen dürfen! Es ist wichtig, dass sich Jugendliche aktiv für ihre Belange wie Klimaschutz, die Umwelt oder die Zukunft unseres Miteinanders im digitalen Zeitalter einsetzen. Dabei geht es um nicht weniger als die Sicherung der Demokratie.

Hamburg

Spitzentreffen

Foto: DGB Nord

Die Stärkung des Industriestandorts Norddeutschland steht auch 2024 ganz oben auf der Agenda des DGB Nord. Das haben die Spitzen der Mitgliedsgewerkschaften, darunter Henrike Rauber und Jan Koltze für die IGBCE-Bezirke Schleswig-Holstein und Hamburg-Harburg, Ende Januar bei ihrem Treffen in Hamburg beschlossen. Weitere Schwerpunkte sind die Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation und die Verteidigung der Demokratie gegen die Gefahr von rechts.

Hannover

Mindestens 7 Prozent

Foto: IGBCE

Eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um mindestens sieben Prozent, Besserstellungen für IGBCE-Mitglieder und eine Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags: So lauten die Forderungen für die 67.770 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie im Landesbezirk Nord, die die regionale Tarifkommission der IGBCE am 15. März in Hannover mehrheitlich beschlossen hat.

Itzehoe

Flamme entzünden

Foto: OG Itzehoe

Gewerkschaft vor der Haustür erlebbar machen: Die 93 Ortsgruppen im Landesbezirk machen Lokalpolitik, unterstützen die gewerkschaftliche Arbeit in den Betrieben, organisieren Bildungsveranstaltungen und laden zum geselligen Austausch. Im Frühjahr sind alle Gewerkschaftsmitglieder aufgerufen, ihre Ortsgruppenvorstände für die kommenden vier Jahre neu zu wählen.
„Ortsgruppen sind das Bindeglied zwischen den Hauptamtlichen und den Mitgliedern. Wir transportieren den Gedanken der Gewerkschaft über verschiedenste Kanäle zu unseren rund 1.000 Mitglieder“, sagt Norbert Wagner, Vorsitzender der Ortsgruppe Itzehoe im Bezirk Schleswig-Holstein. Die Ortsgruppe verfügt über einen eigenen Etat und kann selbstbestimmt ihre Schwerpunkte setzen. „Wir organisieren Unterstützungsangebote und Events als kleines Dankeschön für die Mitgliedschaft.“ Dort tauchen immer wieder auch Beschäftigte aus Betrieben auf, die noch nicht erschlossen sind. „Über sie versuchen wir eine neue Flamme zu entzünden, die im besten Fall den gesamten Betrieb erfasst.“ Mehr noch: Durch die Ortsgruppen können die Mitglieder ihre IGBCE mitgestalten. Denn sie schicken eigene Delegierte zum Gewerkschaftskongress, die dort über Anträge abstimmen und über die Bezirksdelegiertenkonferenz ihre Anliegen einbringen können.

Hannover

1. Mai im Landesbezirk

„Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit“: Unter diesem Motto rufen DGB und IGBCE am 1. Mai 2024 zu Kundgebungen im gesamten Landesbezirk auf. Hauptrednerin auf der zentralen bundesweiten Maikundgebung in Hannover ist die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi. Landesbezirksleiter Ralf Becker spricht in Bomlitz, Michael Linnartz (Bezirksleiter Hannover) in Peine, Jeannette Chiarlitti (Bezirksleiterin Südniedersachsen) in Holzminden und Marion Hackenthal (Bezirksleiterin Ibbenbüren) in Osnabrück.

Goslar

Jubiläum mit Herausforderungen

Foto: privat

Der Petrofer-Betriebsratsvorsitzende Christoph Sachse wurde auf der Jubilarfeier des Bezirks Südniedersachsen im vergangenen Jahr für 25 Jahre gewerkschaftliches Engagement geehrt. Mit Petrofers Austritt aus dem Arbeitgeberverband erwarten den 44-jährigen Familienvater nun stürmische Zeiten. „Die Tarifflucht aus dem Chemie-Flächentarif werden wir nicht akzeptieren. Die Tarifkommission ist gewählt. Nun versuchen wir, den Arbeitgeber wieder in die Spur zu bringen.“