Vor Ort

Nord

Gestalten statt meckern

Text Michaela Ludwig

Fachleute der IGBCE vertreten die Interessen der Beschäftigten in den Aufsichtsräten großer Unternehmen und in der Politik. Ob klimafreundlicher Umbau von Unternehmen oder Fachkräftestrategie: Sie bestimmen mit.

Foto: SPD Land Bremen, Aurubis

Die Politologin Katharina Gronemeyer ist vor sieben Jahren zur IGBCE gekommen, um sich für soziale Gerechtigkeit zu engagieren. Die Erfahrung, durch Tarifverhandlungen die Lebensverhältnisse der Beschäftigten verbessern zu können, treibt sie nun an, einen Schritt weiter in die Lokalpolitik zu gehen. Die 34-jährige Gewerkschaftssekretärin aus dem Bezirk Oldenburg tritt erstmals als SPD-Kandidatin für die Bremische Bürgerschaft an, die die Bremer*innen am 14. Mai wählen.

Dort möchte sie die Interessen von Gewerkschaft und Industriebeschäftigten vertreten nach dem Motto „Nicht nur meckern, sondern gestalten“.

Katharina Gronemeyers Interesse gilt der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, die sie als „unsere drängendsten Themen“ bezeichnet. Dafür bringt sie viel Fachwissen – und die Perspektive der Arbeitnehmenden mit. So begrüßt die Gewerkschafterin die vom Senat beschlossene Ausbildungsumlage als gutes Instrument gegen Fachkräftemangel und Jugendarbeitslosigkeit. „Unternehmen müssen in die Pflicht genommen werden, auch jungen Menschen mit Unterstützungsbedarf eine Ausbildung zu bieten“, betont Katharina Gronemeyer. Mehr noch: „Wir müssen alle Menschen in den Blick nehmen – vermeintlich ‚ausbildungsunfähige‘ Jugendliche, Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund oder auch Langzeitarbeitslose. Sie alle können und wollen arbeiten, um sich ein gutes Leben und eine gute Rente zu finanzieren, und wir als Gesellschaft brauchen sie als Fachkräfte.“

Ihren Einsatz für mehr soziale Gerechtigkeit möchte Katharina Gronemeyer nun in der Bremer Landespolitik fortsetzen.

Unternehmen
verpflichten.

Katharina Gronemeyer,
Gewerkschaftssekretärin, Kandidatin für die Bremische Bürgerschaft

Foto: SPD Land Bremen, Aurubis

„Als Vertretung der Arbeitnehmenden haben wir ein besonderes Augenmerk auf die Standorte und die Menschen, die dort arbeiten“, beschreibt Deniz Filiz Acar ihre Rolle im Aufsichtsrat des Aurubis-­Konzerns. Der börsennotierte Kupferproduzent hat knapp 7.000 Beschäftigte weltweit, über 2.000 allein am Hauptstandort in Hamburg. Darüber hinaus ist die Ausbilderin für kaufmännische Auszubildende und stellvertretende Ausbildungsleiterin im Bereich Human Ressources Ausbildung Mitglied im Personalausschuss. „Aurubis muss ein attraktiver Arbeitgeber bleiben – für die Arbeitskräfte, die schon bei uns sind, sowie für diejenigen, die kommen sollen.“ Im Ausschuss werden Strategien zur Fachkräftesicherung ebenso diskutiert wie die Auswirkungen jedes neuen Projekts auf bestehende Standorte. „Zufriedene Beschäftigte haben viel mehr Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens als bisher angenommen“, ist sie überzeugt.

Vor zwei Jahren ist die 44-Jährige in das wichtigste Gremium der betrieblichen Mitbestimmung nachgerückt. Im Januar wurde die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, die seit 2022 freigestellt ist, erstmals von den Mitarbeitenden direkt gewählt. Auch wenn Deniz Acar jetzt mit Bezirksleiter Jan Koltze die Interessen der Kolleg*innen vertreten soll, erlebt sie es häufig als schwierig, ihnen überhaupt zu erklären, was sie machen. „Wir sind zu Verschwiegenheit verpflichtet, deshalb können wir nicht konkret über die Themen sprechen.“

Erfolgsfaktor ist der Mensch.

Deniz Filiz Acar,
Aufsichtsratsmitglied bei Aurubis

Engagement in der betrieblichen Mitbestimmung wurde der Mutter zweier Kinder in die Wiege gelegt. „Mein Großvater war Betriebsratsvorsitzender des Gesamthafenbetriebs Hamburg, mein Vater und mein Onkel waren Betriebsräte.“ Für Deniz Acar steht außer Frage, dass in den Gremien betrieblicher Mitbestimmung Frauen mehr Einfluss nehmen sollten. „Sie bringen häufig neue Blickweisen und Themen ein wie Nachhaltigkeit oder Diversity.“ Sie wünscht sich eine Unternehmenskultur, die die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten aktiver einbezieht. „Es ist Zeit, sich wieder auf den Erfolgsfaktor Mensch zu konzentrieren.“