Vor Ort

Nordrhein

Da muss mehr kommen!

Text Leo Kölzer

Tarifrunde Papier: Tausende Beschäftigte im Landesbezirk Nordrhein demonstrieren bei einer bundesweiten Aktionswoche für mehr Geld und eine größere Wertschätzung.

Foto: Jan Drexler

Beschäftigte machen in Düren Lärm für Respekt und Anerkennung – auch in Form von mehr Geld.

Mit mehr als siebzig Tarifaktionen haben Tausende Beschäftigte der Papierindustrie in der gesamten Bundesrepublik die Blockadehaltung ihrer Arbeitgeber kritisiert. Für Ende Oktober hatte die IGBCE ihre Leute im ganzen Land dazu aufgerufen, ihrem Unmut über den bisherigen Verlauf der Tarifverhandlungen in der Papierindustrie Ausdruck zu verleihen. Auch im IGBCE-Landesbezirk Nordrhein war einiges los.

Nötig war das, weil die Arbeitgeber auch in der zweiten Runde der Verhandlungen auf stur stellten. Die Gespräche für die 46.000 Beschäftigten der Branche endeten am 8. Oktober ohne Ergebnis. „Das materielle Angebot der Arbeitgeber war angesichts der soliden wirtschaftlichen Lage der Unternehmen auf der einen Seite und der Belastungen der Beschäftigten auf der anderen Seite eine absolute Frechheit“, sagt IGBCE-Verhandlungsführer Frieder Weißenborn. „Unsere Argumente haben nicht ausgereicht für ein ernsthaftes und wertschätzendes Angebot. Jetzt müssen wir es mit ­Aktionen einfordern.“

„Ohne die harte Arbeit der Beschäftigten würden die Unternehmen keine Gewinne erwirtschaften. Wir fordern Respekt“, betont IGBCE-Landesbezirksleiter Frank Löllgen. „Wir wollen ein Stück vom Kuchen abhaben, nicht mehr und nicht weniger.“ Durch eine deutliche Erhöhung der Entgelte und der Ausbildungsvergütungen will die IGBCE in diesem Jahr vor allem die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen verbessern. Vor dem Hintergrund der aktuellen Preissteigerungen und der guten wirtschaftlichen Entwicklung fordert die IGBCE, dass die Kaufkraft der Beschäftigten nachhaltig gesteigert wird.

Für das Verhalten der Arbeitgeber fehlt mir jegliches Verständnis.

Frank Löllgen,
Landesbezirksleiter Nordrhein

In Düren zogen rund 300 Beschäftigte aus der Papierindustrie lautstark und mit vielen Fahnen quer durch die Stadt zum Verbandshaus der Vereinigten Industrieverbände von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung. Zwölf Betriebe der Papierindustrie gibt es im zuständigen Tarifbezirk, alle waren bei der Demonstration vertreten. „Die Sorge bei den Kolleginnen und Kollegen ist groß“, erklärt der zuständige Gewerkschaftssekretär des IGBCE-Bezirks Alsdorf, Ernst Ungermann. „Bisher sind alle Krisen an der Papierindustrie fast ohne Auswirkungen vorübergegangen.“ Es gebe keinen Grund, die Krise herbeizureden. Die aktuelle Situation in anderen Branchen sei für viele beunruhigend. „Natürlich betrifft das unsere Branche nicht, aber es befeuert die Beunruhigung unserer Leute“, nimmt Ungermann wahr.

Foto: IGBCE

Wie bei vielen anderen Betrieben im Landesbezirk Nordrhein und bundesweit: Auch bei Essity in Neuss erhöhte die Belegschaft den Druck auf die Arbeitgeber.

Bei der Erfurt & Sohn KG in Wuppertal forderten etwa fünfzig Beschäftigte auf dem Werksgelände mit Bannern und geschwenkten ­IGBCE-­Fahnen lautstark mehr Respekt und Anerkennung für ihre Arbeit. Thomas Neumann, Leiter des IGBCE-Bezirks Düsseldorf, betonte in seiner Ansprache: „Die Arbeitgeber müssen endlich verstehen, dass unsere Forderungen gerecht sind. Es geht um die Anerkennung der harten Arbeit, die hier täglich geleistet wird. Wir sind hier, um ein starkes Zeichen zu setzen – wir meinen es ernst.“ Bei Essity in Neuss versammelten sich über 150 Beschäftigte für eine tarifpolitische Frühstückspause vor dem Werk. Patrick Levering­haus, Gewerkschaftssekretär im Bezirk Düsseldorf, kritisierte das Verhalten der Arbeitgeber als „Schlag in das Gesicht der ­Sozialpartnerschaft“.

Die Gewerkschaft fordert im nächsten Angebot neben mehr Lohn auch Vorteile für IGBCE-Mitglieder. Essity-Betriebsratsvorsitzender Ralf Kruska betont: „Wir haben eine moderate Forderung aufgestellt, da ist das Verhalten der Arbeitgeber einfach nicht nachvollziehbar. Das ist keine Wertschätzung für die harte und anstrengende Arbeit in den Schichten und Büros.“ Sein Stellvertreter Iordanis Kofantidis ergänzte gegenüber den Demonstrierenden: „Wenn ihr nicht hier seid, dreht sich hier gar nichts. Ihr produziert hier das Zeugs, ohne euch geht gar nichts, das muss der ­Arbeitgeber kapieren.“