Vor Ort

Baden-Württemberg

Starke Erfolge – und Kopfschütteln

Text Axel Stefan Sonntag

Der Landesbezirk blickt auf das Tarifjahr 2024 mit innovativen Errungenschaften, aber auch Hinhaltetaktiken und fehlendem Respekt auf der Arbeitgeberseite zurück. Ein Überblick.

Die Tarifkommission fordert einen Mitgliederbonus sowie sieben Prozent höhere Entgelte und 100 Euro mehr bei den Ausbildungsvergütungen.

Foto: Anton Melament

In der Chemie setzte die IGBCE erneut Maßstäbe für die Tariflandschaft: Mit dem erstmals vereinbarten Gewerkschaftstag erhalten Mitglieder einen zusätzlichen freien Tag pro Jahr. Das Ziel, die etablierte Sozialpartnerschaft damit nachhaltig zu stärken, geht auf: „Ein weiterer freier Tag nur für Mitglieder – das ist ein gutes Argument zum Werben. Das funktioniert“, freut sich Sabrina Säring, Betriebsrätin bei Evonik Rheinfelden. „Es ist gut, dass es nicht ausschließlich um mehr Prozente geht. Freizeit wird den Menschen immer wichtiger“, lobt sie den jüngsten Abschluss und hebt ebenso die Vereinfachung der Umgruppierungsregelung hervor.

Mitgliedervorteile in der Fläche zu etablieren, das fordert die IGBCE auch für die Branchen Papier und Kunststoff. Beide Tarifrunden waren zum Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.

Die baden-württembergischen Papier-Tarifkommissionsmitglieder setzten sich bei der Bundestarifverhandlung in Hannover für den Mitgliedervorteil ein.

Foto: Tobias Trauth

Foto: IGBCE

Foto: Matthias Reichert

Die Chemie-Tarifrunde brachte nach vielen Aktionen einen freien Gewerkschaftstag pro Jahr.

Foto: Axel Stefan Sonntag

Foto: Markus Wimmer

KVI: Nach vier Gesprächsrunden geht es in die Schlichtung. Zuvor erhöhte die Gewerkschaft vor Ort den Druck.

Aufseiten der Mitglieder wächst die Ungeduld: „Wir haben die Forderung mit unserer guten Vertrauensleute-Struktur beschlossen. Ein Mitgliedervorteil ist für uns unabdingbar und die klare Erwartungshaltung“, betont Ali-Ömer Demirkol, Betriebsratsvorsitzender bei Essity Mannheim und Teil der kleinen Bundesverhandlungskommission. Direkt nach der zweiten, ergebnislosen Bundestarifverhandlungsrunde organisierte sein Team den „Essity-Marsch“, „um zu zeigen, wie ernst es uns ist“. Kolleginnen und Kollegen bei Koehler, Glatfelter, Munksjö und Sappi setzten ebenso klare Zeichen vor Ort.

Ernst ist es auch Klaus Kreidler, Betriebsratsvorsitzender bei Röchling Medical in Waldachtal. Nach vier Verhandlungsrunden gehen die Sozialpartner der Kunststoff verarbeitenden Industrie (KVI) Baden-Württemberg in die Schlichtung. „Mir missfällt die Art und Weise der bisherigen Gespräche. Wo wir uns jahrelang auf Augenhöhe begegneten, wurde es jetzt teilweise rau. Einige Tarifkommissionsmitglieder wurden persönlich angegangen. Das geht nicht“, stellt er klar. In der KVI ist das Thema Mitgliedervorteil Punkt eins des Forderungspakets. „Ohne diesen und ohne eine nachvollziehbare Einkommenserhöhung kommen wir nicht zusammen.“

Die Feinkeramikbranche bietet ihren Beschäftigten jetzt einen neuen Entgelttarifvertrag.

Foto: Frank Buske

„Ein spannendes Tarifjahr neigt sich dem Ende zu“, resümiert Landesbezirksleiterin Catharina Clay. „Klar ist: tarifliche Mitgliedervorteile schaffen Tarifgerechtigkeit. Und das zählt zur DNA einer Gewerkschaft – wie auch, die bisherige bewährte Sozialpartnerschaft zukunftssicher zu machen.“