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Nidda

Spezialpapierfabrik hofft auf Investor

Protest in Ober-Schmitten im März 2023.

Foto: Wolfgang Lenders

Nach dem Insolvenzantrag der Spezialpapierfabrik Ober-Schmitten Anfang September hoffen Betriebsrat und IGBCE auf einen Investor, der den Betrieb in die Zukunft führt. „Wir haben jetzt eine realistische Chance, dass es weitergeht“, sagt Astrid Rasner, Betriebsbetreuerin im Bezirk Mittelhessen. „Pergaminpapier ist ein marktfähiges Produkt. Die Schwierigkeiten, die die Spezialpapierfabrik hat, sind durch falsche Entscheidungen des Managements entstanden.“ Das Insolvenzgeld, das nun für drei Monate fließt, kann nach Einschätzung der IGBCE dem Betrieb die Luft geben, die er braucht.

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Insolvenzgericht Friedberg den Rechtsanwalt Jan Markus Plathner aus Frankfurt bestellt. Er ist sehr erfahren in diesem Bereich und hat unter anderem vier Jahre lang die Veritas AG geführt, bis er eine zukunftsfähige Lösung für wesentliche Bereiche des Unternehmens gefunden hatte.

Von dem bisherigen Eigentümer, einer Gesellschaft aus dem Imperium des türkischen Unternehmers İlkem Şahin, sind die Beschäftigten enttäuscht. Er hat den Betrieb vor rund einem Jahr für einen Euro übernommen. Noch Ende März kündigte er den Bau einer neuen Papiermaschine an. Doch bereits im August warteten die Beschäftigten vergeblich auf ihr Geld.

Erfurt/Sömmerda

Gewählt – und was jetzt?

Nach der Landtagswahl in Thüringen gestaltet sich die Regierungsbildung schwierig. Bis Redaktionsschluss hat es noch keine Einigung zwischen den infrage kommenden Parteien gegeben. Die größte Chance, künftiger Ministerpräsident von Thüringen zu werden, hat nach Einschätzung vieler der CDU-Politiker Mario Voigt. Denkbar ist auch, dass Ministerpräsident Bodo Ramelow von den Linken erst mal noch im Amt bleibt.

Beide Politiker haben eine Woche vor der Wahl, am 24. August, bei einer industriepolitischen Diskussion des IGBCE-Bezirks Thüringen vor rund 250 Gewerkschaftsmitgliedern dargelegt, wie sie zu den aus Sicht der IGBCE relevanten Themen stehen. Mit auf dem Podium saßen außerdem Denny Möller von der SPD, Bernhard Stengele von Bündnis 90/Die Grünen, der Vorsitzende des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, und Alexander Bercht, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IGBCE. Die großen Themen der Runde: die Förderung von Thüringen als Industriestandort, Energiepolitik, Fachkräftebedarf, betriebliche Mitbestimmung und Tarifbindung.

Alexander Bercht, Bodo Ramelow und Mario Voigt (von links) bei der Diskussion.

Foto: Wolfgang Lenders

Schwerpunkt Industrie und Bergbau

Bodo Ramelow betonte die Bedeutung des Kali- und Gipsbergbaus für Thüringen. Mario Voigt sagte zu dem Thema: „Wir müssen eine Rohstoffstrategie für Thüringen so formulieren, dass klar ist, Thüringen ist Industrieland und auch Bergbauland.“ Ziel sei es, auf die heimischen Rohstoffe zu setzen und tarifgebundene Arbeitsplätze so zu schaffen, dass sie den Menschen gut qualifizierte Arbeit geben. Alexander Bercht forderte, staatliche Förderung für Unternehmen an Bedingungen zu knüpfen. „Wer Förderung in Anspruch nimmt, muss auch Standort und Arbeitsplätze erhalten.“

Rund 250 Menschen sind ins Volkshaus in Sömmerda gekommen.

Foto: Wolfgang Lenders

Energie für die Zukunft

Wie kann Thüringen die Energieproduktion und -versorgung für die Zukunft fit machen? Mario Voigt will da einen technologieoffenen Ansatz auch in Hinblick auf die Frage, ob es mehr Windkraft geben soll. Er sprach sich für einen Industriestrompreis aus und dafür, die Stromspeicherung zu verbessern. „Wir haben in Thüringen ein Viertel der Pumpspeicherwerk-Kapazität von ganz Deutschland.“ Alexander Bercht betonte, dass der Ausbau der Stromnetze bislang noch zu lange dauere. Und er forderte von der Politik mehr Geschwindigkeit, auch in Hinblick auf die Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Thema Ausbildung

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel will Mario Voigt die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen und die Rahmenbedingungen für die Ausbildung verbessern. Er sprach sich für die Gleichwertigkeit von akademischer und dualer Ausbildung und für eine kostenlose Meisterausbildung aus. Auch qualifizierte Anwerbung im Ausland müsse eine Rolle spielen.

Unterbreizbach/Kassel

Zukunft für Kali

Alexander Bercht, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IGBCE, hat Ende August das Werk Werra von K+S besucht. Auf einer Tiefe von 800 Metern informierte er sich über das Transformationsprojekt Werra 2060, das die Zukunft der Kaliindustrie im Werratal sicherstellen soll. Rund sechzig Betriebsrätinnen und -räte aller deutschen K+S-Standorte hatten bereits zuvor bei der Betriebsräteversammlung stellvertretend für die rund 11.000 Beschäftigten ein Zeichen für einen langfristigen und nachhaltigen Kali- und Steinsalzbergbau in Deutschland gesetzt. Werra 2060 sei ein großer Schritt in diese Richtung.

Hanau/Kleinostheim

Macht unseren Standort nicht kaputt!

Die Zukunft des Werks von Yageo Nexensos in Kleinostheim mit rund 300 Beschäftigten ist durch die Pläne der Geschäftsführung gefährdet: Davor warnen Betriebsrat und IGBCE. Das Unternehmen will einen Großteil der Produktion nach Malaysia auslagern.

„Mit Nexensos hat Yageo ein profitables Unternehmen gekauft“, sagt Betriebsbetreuer Alexander Wiesbach. „Nur reicht das dem Mutterkonzern offenbar nicht.“ Nach IGBCE-Informationen hat Yageo die Gewinnvorgaben etwa verdoppelt. „Hier wird durch überzogene Renditeerwartungen ein funktionierender Betrieb kaputt gemacht.“

Betriebsrat und IGBCE fordern von der Geschäftsführung, die Verlagerung zu überdenken. Der früher zu Heraeus gehörende Betrieb stellt Temperatursensoren her. Die Produktion erfordert erhebliches Fachwissen. „Wir haben hier dieses Know-how“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Erhard Cichon. „Es wurde in Jahrzehnten erarbeitet. Ziel muss es sein, dies für das Unternehmen zu erhalten.“

Der Betriebsrat hat ein Alternativkonzept vorgelegt. „Unser Vorschlag sieht eine sehr gute Steigerung der Rendite vor und reduziert die Risiken einer Produktionsverlagerung deutlich“, sagt Cichon. Betriebsrat und IGBCE fordern vom Arbeitgeber, sich damit zu beschäftigen und dem Standort Kleinostheim eine dauerhafte Perspektive zu bieten.