Was stimmt, was nicht?
Die Urlaubszeit naht, die Vorfreude steigt. Doch rund um das Thema Urlaub gibt es zahlreiche Mythen – manche halten sich hartnäckig. Was ist Wahrheit und was ein verbreiteter Irrglaube? Profil klärt auf.
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Foto: Stefan Koch
In Deutschland haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Durchschnitt 28 Tage Urlaub im Jahr. Doch viele sind sich bei Detailfragen nicht sicher. Was passiert beispielsweise, wenn man im Urlaub krank wird? Und was ist, wenn der oder die Vorgesetzte anruft? Muss der Urlaub dann abgebrochen werden? Auch immer wieder für Unklarheiten sorgen ungenutzte Urlaubstage und was mit ihnen passiert.
„Generell gilt: In Deutschland gewährt das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen“, erklärt Peter Voigt, Leiter der IGBCE-Abteilung Justiziariat/Rechtspolitik/Rechtsschutz bei der IGBCE. „Auch wer Teilzeit oder auf 450-Euro-Basis beschäftigt ist, wer ein Praktikum oder eine Ausbildung macht, hat grundsätzlich dieselben Rechte wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeit.“ Der Jurist klärt über die größten Denkfehler, Missverständnisse, aber auch Besonderheiten zum Thema Urlaub auf und beantwortet die häufigsten Fragen:
Nachgefragt bei Peter Voigt
Muss ich vorarbeiten?
Nein, das kann der Arbeitgeber nicht von dir verlangen. Allerdings kann dich dein Vorgesetzter anweisen, dass du im Rahmen deiner regulären Arbeitszeit deine Aufgaben so vorbereitest, dass für die Kolleginnen und Kollegen in deiner Abwesenheit möglichst wenig Aufwand entsteht.
Darf ich meinen Jahresurlaub auf einmal nehmen?
Im Prinzip ja, allerdings muss dein Arbeitgeber damit einverstanden sein. Anspruch hast du jedoch auf mindestens zwei Wochen Urlaub am Stück. Den Zeitpunkt deines Urlaubs darfst du allerdings nicht einfach so bestimmen. Eine frühzeitige Absprache mit dem beziehungsweise der Vorgesetzten und gegebenenfalls den Kolleginnen und Kollegen ist auf jeden Fall ratsam.
Darf der Arbeitgeber genehmigten Urlaub canceln?
Nein, der Arbeitgeber kann die bewilligten Tage nicht einfach streichen. Aber auch du hast nicht das Recht, den bereits bewilligten Urlaub zu stornieren. Die einmal erteilte Genehmigung ist verbindlich – und zwar für beide Seiten.
Der Urlaub soll der Erholung dienen. Eine Auszahlung ist im Bundesurlaubsgesetz nicht vorgesehen.
Peter Voigt,
Leiter der Abteilung Justiziariat/Rechtspolitik/Rechtsschutz
Kann ich mir Urlaubstage auszahlen lassen?
Nein, hier gilt: Der Urlaub soll der Erholung dienen – also dazu beitragen, dass deine Arbeitskraft erhalten bleibt. Eine Auszahlung ist deshalb im Bundesurlaubsgesetz nicht vorgesehen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Kannst du deinen Urlaub nicht nehmen, weil das Arbeitsverhältnis endet, muss er unter Umständen abgegolten werden.
Darf der Arbeitgeber den Urlaub abbrechen?
Urlaub heißt Urlaub – und da kann der Arbeitgeber niemanden ohne Weiteres zurück ins Büro, in die Werkshalle oder ins Labor beordern. Aber auch hier gibt es eine Ausnahme, und zwar, wenn die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel steht.
Was ist in der Probezeit? Darf ich da Urlaub machen?
Im neuen Job hast du zwar erst nach sechs Monaten Anspruch auf deinen gesamten Jahresurlaub. Doch einen anteiligen Anspruch hast du schon vorher – und zwar auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs pro Monat. Bei beispielsweise 24 Tagen Jahresurlaub wären das zwei Tage pro Monat. Allerdings gilt in den ersten sechs Monaten umso mehr, dass es Urlaub nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber gibt.
Wenn du während deines Urlaubs krank wirst, werden diese Tage nicht von deinem Jahresurlaub abgezogen.
Peter Voigt,
Leiter der Abteilung Justiziariat/Rechtspolitik/Rechtsschutz
Was passiert, wenn ich im Urlaub krank werde?
Keine Sorge: Wenn du während deines Urlaubs krank wirst, werden diese Tage nicht von deinem Jahresurlaub abgezogen. Du kannst die Urlaubstage also später nehmen, wenn du wieder gesund bist. Wichtig: Du benötigst ein ärztliches Attest, das deine Arbeitsunfähigkeit bestätigt – und zwar ab dem ersten Tag. Die Meldung über die Arbeitsunfähigkeit ist natürlich auch im Urlaub schnellstens dem Arbeitgeber mitzuteilen. Gut zu wissen: Musst du den Urlaub abbrechen, kannst du dich am Ferienort auskurieren. Allerdings darfst du den verpassten Urlaub nicht einfach dranhängen. Das muss der Arbeitgeber ausdrücklich genehmigen.
Und wie verhält sich das bei Langzeitkranken?
Bei Langzeitkranken sind früher die Urlaubsansprüche mit Jahresende, spätestens am 31. März des Folgejahres, verfallen. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist das nicht mehr ohne Weiteres zulässig. Arbeitgeber müssen die betreffenden Beschäftigten auf den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen hinweisen. Passiert das nicht, bleibt der Resturlaub bei Krankheit oder Erwerbsminderung erhalten.
Kann ich Resturlaub problemlos mit ins nächste Jahr nehmen?
Das gehört zu den größten Irrtümern. Laut Bundesurlaubsgesetz muss der Jahresurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden – ansonsten verfällt er. Allerdings nicht mehr automatisch: So müssen Arbeitgeber auch hier auf den drohenden Urlaubsverfall hinweisen. Es gibt zudem Gründe, nicht genommene Tage ins Folgejahr zu schieben: Das können beispielsweise Aufträge sein, die an Termine oder die Saison gebunden sind, oder eine Krankheit. In diesen Fällen muss jedoch sichergestellt sein, dass der offene Urlaub spätestens innerhalb der ersten drei Monate des neuen Jahres genommen wird.