Praxis & Wissen

Ratgeber Arbeit

Arbeiten im Ruhestand

Text Katrin Schreiter – Illustration Tim Dinter

In Deutschland fehlen in vielen Branchen Fachkräfte und die Politik sucht dringend nach Lösungen. Eine davon heißt Aktivrente. Sie soll es Rentnerinnen und Rentnern erleichtern, auch im Ruhestand weiterzuarbeiten und das mit spürbaren steuerlichen Vorteilen.

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Weiterarbeiten, Erfahrung einbringen und dafür steuerlich belohnt werden: Mitte Oktober 2025 hat die Bundesregierung das „Aktivrentengesetz“ auf den Weg gebracht. Das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rentenalter soll – so ein Beschluss aus dem Koalitionsvertrag finanzielle Anreize für eine höhere Erwerbsquote älterer Menschen schaffen. Außerdem ist die Aktivrente ein wichtiger Baustein, um dem Arbeitskräftemangel und den Auswirkungen der demografischen Entwicklung entgegenzuwirken.

Dabei handelt es sich bei der sogenannten Aktivrente nicht, wie der Name vermuten lässt, um eine zusätzliche Rentenart, sondern um einen Steuerbonus. Das klingt erst einmal attraktiv. Doch wie genau funktioniert dieses Modell? Das Wichtigste im Überblick:

Wer 3.000 Euro brutto im Monat verdient, muss dank des Freibetrags nur 1.000 Euro versteuern.

Was ist die Aktivrente?

Die Aktivrente ist ein Steuerfreibetrag für Rentnerinnen und Rentner, die weiterhin arbeiten möchten. Ab dem 1. Januar 2026 können sie wenn sie die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht haben bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen. Ziel der Regierung ist es, erfahrene Fachkräfte länger im Berufsleben zu halten und so dem Fachkräftemangel ­entgegenzuwirken.

Ab wann kommt die Aktivrente?

Das Gesetz soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Wer kann die Aktivrente nutzen?

Die Aktivrente gilt für alle, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben und sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind – egal, ob sie bereits eine Rente beziehen oder ihren Rentenstart aufschieben. Nicht von der Aktivrente profitieren können dagegen Selbstständige, Gewerbetreibende und freiberuflich tätige Personen, Beamtinnen und Beamte, Personen in Minijobs sowie Beschäftigte in der Land- und der Forstwirtschaft. Auch Frührentnerinnen und Frührentner sind von der Aktivrente ausgeschlossen, da sie erst ab dem Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen werden kann.

Wie wirkt sich die Aktivrente finanziell aus?

Ein Beispiel: Wer 3.000 Euro brutto im Monat verdient, muss dank des Freibetrags nur 1.000 Euro versteuern. Der Steuerbonus wird direkt bei der Lohnabrechnung berücksichtigt man bekommt also sofort mehr Netto aufs Konto.

Fallen trotzdem Sozialabgaben an?

Ja, aber nur teilweise. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber zahlen weiterhin Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entfallen. Aber der Arbeitgeber muss den Rentenbeitragsanteil für Aktivrentnerinnen und -rentner abführen. Sie selbst müssen keine Rentenbeiträge zahlen, können es aber freiwillig tun, um weitere Rentenansprüche zu erlangen.

Wie wirkt sich die Aktivrente steuerlich auf die reguläre Rente aus?

Wenn das monatliche Einkommen unter 2.000 Euro bleibt, erhöht der Verdienst aus der Aktivrente den Steuersatz für das restliche zu versteuernde Einkommen nicht. Die Aktivrente ist vom sogenannten Progressionsvorbehalt ausgenommen. Einkommen, das über 2.000 Euro hinausgeht, ist nicht mehr steuerfrei und kann damit auch den Steuersatz auf die Gesamteinkünfte erhöhen, einschließlich der regulären Altersrente.

Haben ältere Beschäftigte automatisch Anspruch auf die Aktivrente?

Nein. In vielen Arbeitsverträgen steht, dass das Beschäftigungsverhältnis mit dem Erreichen des Rentenalters automatisch endet. Wer also weiterarbeiten möchte, muss das mit dem Arbeitgeber vereinbaren. Sprich am besten deinen Betriebsrat vor Ort an, wenn du Fragen hast oder dir unsicher bist.

Kritik an der Aktivrente

Foto: IGBCE

„Es gibt bereits gesetzliche Regelungen, die es erlauben, dass man in der Rente weiterhin voll arbeitet“, sagt Aline Rennebeck, Fachsekretärin bei der IGBCE in der Abteilung Sozialpolitik/Arbeits- und Gesundheitsschutz. „Grundsätzlich sei allen Rentnerinnen und Rentnern ein steuerfreier Hinzuverdienst gegönnt, aber in Zeiten knapper Kassen sollte man sich als Regierung schon fragen, ob dies angemessen ist.“

Zudem beanstandet Aline Rennebeck, dass das neue Gesetz vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benachteiligt, die aufgrund ihrer schweren körperlichen Arbeit ein Problem damit haben, ohne gesundheitliche Beschwerden die Regelaltersgrenze überhaupt zu erreichen. „Es ist deshalb viel wichtiger, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die einen gleitenden und vor allem gesunden Übergang in die Rentenzeit ermöglicht. Dies muss dann vor Ort in den Betrieben und durch Tarifverträge ergänzt werden.“