Vor Ort

Nordrhein

Zusammenhalt ist unsere Stärke

Text & Fotos Leo Kölzer

Die Landesbezirke Nordrhein und Westfalen fusionieren zum neuen Landesbezirk NRW. Mit Profil sprachen deren beiden bisherigen Leiter über das vergangene Jahr, den Kongress und ihre Erwartungen an 2026.

Thomas Meiers ist Landesbezirksleiter in Westfalen. Mit der Wahl im kommenden Jahr am 23. Januar 2026, soll er die Leitung des neuen Landesbezirks NRW übernehmen.

Lieber Frank, lieber Thomas, ein bewegtes Jahr geht zu Ende. Wie fällt euer Fazit für 2025 aus?

Frank Löllgen, Landesbezirksleiter Nordrhein: 2025 war eines der schwierigsten Jahre, die ich in meiner Zeit bei der IGBCE erlebt habe. Viele unserer Betriebe stehen massiv unter Druck. Gleichzeitig hat sich gezeigt, wie stark unsere Organisation ist, wenn sie zusammenhält. Wir waren da, als die Kolleginnen und Kollegen uns gebraucht haben – als Schutz und Schild in einer Zeit, in der ganze Branchen um ihre Zukunft kämpfen. Manche Unternehmen investieren trotz der Krise, andere leiden – und wieder andere nutzen die Situation, um sich ihrer Verantwortung zu entziehen oder Standorte infrage zu stellen. Auch das müssen wir klar benennen.

Thomas Meiers, Landesbezirksleiter Westfalen: Genau. Wir erleben eine tiefe industrielle Transformation. In Nordrhein-Westfalen investieren einige Unternehmen mutig in neue Verfahren und Anlagen, andere kämpfen ums Überleben. Wir streiten dafür, dass Energiepreise planbar und bezahlbar bleiben – damit Beschäftigte und Unternehmen auch in schwierigen Zeiten verlässlich arbeiten und investieren können. So schaffen wir Planungssicherheit und Perspektiven. Dafür braucht es eine starke IGBCE, die vor Ort präsent ist.

Dieser Kongress hat gezeigt, wie geschlossen die IGBCE auftritt.

Frank Löllgen,
Landesbezirksleiter Nordrhein

Der 8. Ordentliche Gewerkschaftskongress in Hannover stand unter dem Motto „Das Richtige tun! Klar. Stark. Solidarisch.“ Was nehmt ihr davon mit?

Löllgen: Dieser Kongress hat gezeigt, wie geschlossen die IGBCE auftritt. Michael Vassiliadis hat es auf den Punkt gebracht: Wir brauchen eine Industriepolitik, die Perspektiven schafft – nicht nur für Konzerne, sondern für die Menschen in den Betrieben. Die Idee eines Solidaritätsbeitrags der Superreichen steht sinnbildlich dafür, dass alle ihren fairen Anteil an der Krisenbewältigung leisten müssen.

Meiers: Der Kongress hat auch Mut gemacht. Wir haben dort erlebt, dass unsere Themen – Gute Arbeit, faire Energiepreise, Investitionen am Standort – wieder stärker in den Fokus rücken. Und wir haben deutlich gemacht: Wenn es um die Interessen der Beschäftigten geht, sind wir konfliktfähig und entschlossen.

Frank Löllgen hat bis vor Kurzem den Landesbezirk Nordrhein geleitet. Er setzte sich über Jahrzehnte mit Leidenschaft für die Beschäftigten ein – und übergibt ein starkes Fundament.

Zum 1. Januar 2026 werden die Landesbezirke Nordrhein und Westfalen zusammengeführt. Thomas, du leitest den Landesbezirk Nordrhein aber schon jetzt bereits kommissarisch. Warum?

Meiers: Richtig, seit dem 3. November 2025 leite ich den Landesbezirk Nordrhein kommissarisch – also noch vor der offiziellen Fusion. Das hängt mit der anstehenden Chemie-Tarifrunde zusammen, die im November gestartet ist. Laut unserer Satzung ist der jeweilige Landesbezirksleiter automatisch auch Verhandlungsführer. Damit wir durch die Zusammenführung der beiden Landesbezirke Nordrhein und Westfalen zu einem Landesbezirk während der laufenden Tarifrunde keinen Wechsel in der Verhandlungsführung haben, wurde entschieden, dass ich diese Verantwortung schon vorab übernehme. Das sorgt für Kontinuität und Geschlossenheit nach außen.

Löllgen: Die Tarifrunde wird ohnehin herausfordernd – angesichts der wirtschaftlichen Lage und der Unsicherheit in vielen Betrieben. Da braucht es klare Zuständigkeiten und eine starke, einheitliche Stimme. Ein Führungswechsel mitten in der Verhandlungsphase wäre das falsche Signal gewesen. Deshalb ist die kommissarische Übergabe der richtige Schritt.

Was erwartet ihr von der anstehenden Tarifrunde?

Meiers: Es wird keine leichte Runde. Viele Unternehmen argumentieren für ihre Position mit hohen Kosten und schwacher Konjunktur, während die Kolleginnen und Kollegen unter steigenden Preisen und wachsender Unsicherheit leiden. Wir werden mit Nachdruck für faire Einkommen, Sicherheit und Perspektiven eintreten. Am 14. Januar 2026 starten die Verhandlungen, und wir gehen geschlossen hinein – ohne Ablenkung, mit klarer Linie.

Und wie geht es organisatorisch weiter nach der Fusion?

Meiers: Am 23. Januar 2026 steht die offizielle Wahl zum Landesbezirksleiter des neuen Landesbezirks NRW an. Bis dahin bereiten wir gemeinsam die Strukturen und Abläufe vor. Uns ist wichtig, dass die Fusion nicht nur auf dem Papier passiert, sondern spürbar wird – mit mehr Austausch, gemeinsamen Projekten und einer starken Basis in allen Regionen.

Löllgen: Diese Zusammenlegung ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Wir schaffen eine Struktur, die besser zu den Herausforderungen unserer Zeit passt – mit mehr Gewicht in der politischen Diskussion, mehr Austausch zwischen den Regionen und einer noch stärkeren Stimme für die Beschäftigten. So machen wir die IGBCE in Nordrhein-Westfalen zukunftsfest.

Welche Themen werden die IGBCE in NRW 2026 besonders beschäftigen?

Meiers: Im ersten Halbjahr stehen die Betriebsratswahlen an. Ansonsten werden uns die Energiepreise, die Wettbewerbsfähigkeit und der Erhalt industrieller Arbeitsplätze weiter beschäftigten.

Löllgen: Der neue Landesbezirk muss weiter dafür sorgen, dass die Stimme der Mitglieder gehört wird – in den Betrieben, in der Politik und in der Öffentlichkeit. Dementsprechend wichtig werden für uns auch die Betriebsratswahlen. Es muss allen klar sein, dass Solidarität und Zusammenhalt die besten Antworten auf Krise und Unsicherheit sind.