Vor Ort

Nord

Mit harten Bandagen

Text Michaela LudwigFoto Karsten Klama

Die Entkoffeinierung ist in Bremen eine leise, aber traditionsreiche Branche. Während die Coffein Compagnie mit der IGBCE gerade wieder einen Tarifvertrag verhandelt hat, herrscht beim Konkurrenten CR3 M. Hermsen Eiszeit. Das Unternehmen verweigert Gespräche und erteilt Maulkörbe.

Kämpfen für einen Tarifvertrag: Beschäftigte des Bremer Entkoffeinierers CR3 M. Hermsen.

Auch der zweite Streik der Beschäftigten für einen Tarifvertrag konnte die Geschäftsführung der CR3 M. Hermsen Kaffeeveredelung bislang nicht zum Einlenken bewegen. Seit Monaten weist sie sämtliche Verhandlungsangebote der Gewerkschaft zurück. Selbst nach dem ersten Warnstreik am 9. Oktober 2025 – dem ersten Arbeitskampf in der Firmengeschichte – blieb die Tür für die Tarifkommission verschlossen. Stattdessen schickt die Geschäftsführung ihre Anwälte ins Feld: Diese sollen eine Einigungsstelle erzwingen, dem Betriebsrat wird die Kommunikation mit der Presse untersagt und die Zuständigkeit der IGBCE wird angezweifelt. Brisant ist dabei: CR3 M. Hermsen entkoffeiniert auch Fair-Trade-Kaffee. Zwar steht das Siegel für faire Arbeitsbedingungen, doch ein Tarifvertrag ist dafür nicht zwingend erforderlich.

„Der Arbeitgeber hat jegliches Maß verloren, ein Umgang auf Augenhöhe sieht anders aus“, kritisiert Alexander Oyen, Leiter des IGBCE-Bezirks Oldenburg. Einschüchtern lasse sich die Belegschaft jedoch nicht. „Die IGBCE ist in jeder Schicht, in jeder Abteilung und zu jeder Zeit im Betrieb präsent – und die Kolleginnen und Kollegen sind entschlossen, ihre Interessen durchzusetzen.“

Bremen gilt seit der Erfindung des entkoffeinierten Kaffees im Jahr 1931 als „Welthauptstadt der Entkoffeinierer“. Neben CR3 M. Hermsen mit einer Jahresproduktion von 100.000 Tonnen sitzt auch der Weltmarktführer Coffein Compagnie mit einer Jahresleistung von 120.000 Tonnen in der Hansestadt. Kamen in der Branche früher hauptsächlich Verfahren mit dem Lösungsmittel Dichlormethan zum Einsatz, setzen die Betriebe heute zunehmend auf schonendere Verfahren auf Wasser- und CO₂-Basis. Vor allem das letztere gilt jedoch als besonders energieintensiv. So zählt die Branche – hinter dem Stahlwerk – zu den größten CO₂-Emittenten Bremens.

Bereits seit den 1970er-Jahren vertritt die IGBCE die Beschäftigten der Coffein Compagnie. Anders als bei CR3 M. Hermsen besteht mit dem Unternehmen laut Alexander Oyen eine „klare Zusammenarbeit auf Augenhöhe, kurz: eine solide Sozialpartnerschaft“. Das Unternehmen halte sich an den Tarifvertrag. Zuletzt einigten sich IGBCE und Geschäftsführung im August auf eine zusätzliche Freistellung: „Einen freien Tag für ältere Kolleginnen und Kollegen mit besonderen Belastungen“, bestätigt Dörthe Hofer, Mitglied in der Tarifkommission.