Praxis & Wissen

Ratgeber Arbeit

Auf dem Prüfstand

Text Katrin Schreiter – Illustration Tim Dinter

Die Probezeit ist keine Schikane, sondern eine echte Testphase für einen neu geschlossenen Arbeitsvertrag – für Arbeitgeber und Arbeitnehmende. Höchste Zeit, dass Profil mit Mythen aufräumt und für Klarheit sorgt.

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Foto: Stefan Koch

Beim Start in einen neuen Job machen sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Probezeit Gedanken und darüber, was die eigentlich bedeutet. Die Probezeit ist ein festgelegter Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmende prüfen, ob die Zusammenarbeit passt und den Erwartungen entspricht. Es ist eine Phase der Orientierung, in der sich beide Seiten kennenlernen. In dieser ersten Phase gelten verkürzte Kündigungsfristen und besondere Kündigungsregelungen.

Peter Voigt, Leiter der Abteilung Justiziariat/Rechtspolitik/Rechtsschutz bei der IGBCE, erklärt: „Oft wird die Probezeit mit der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes gleichgesetzt. Doch das ist nicht korrekt.“ Die Wartezeit regelt, ab wann das Kündigungsschutzgesetz greift – nämlich nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit in Unternehmen, die mehr als zehn Beschäftigte haben. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt hierbei vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. „In der Probezeit hingegen wird die Kündigungsfrist auf zwei Wochen verkürzt“, so der Fachmann. Damit du für deine Probezeit gut gerüstet bist, klärt Peter Voigt die gängigsten Mythen auf.

Die Probezeit gilt nicht per Gesetz. Allerdings darf sie höchstens sechs Monate dauern.

Peter Voigt,
Leiter der Abteilung Justiziariat/Rechtspolitik/Rechtsschutz

Mythos 1: Die Probezeit dauert immer sechs Monate

Das stimmt nicht. Die Probezeit gilt nicht per Gesetz, sie muss – wenn gewünscht vereinbart werden. Allerdings darf sie höchstens sechs Monate dauern. Eine Besonderheit gilt für Berufsausbildungsverhältnisse. Hier ist eine Probezeit gesetzlich vorgeschrieben – sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate dauern.
Übrigens: Verzichten beide Parteien auf eine Probezeit, führt das lediglich dazu, dass statt der zweiwöchigen eine vierwöchige Kündigungsfrist einzuhalten ist – und zwar dann nur zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Die gesetzlich geregelte Wartezeit von sechs Monaten ermöglicht dem Arbeitgeber aber auch bei einem Verzicht auf die Probezeit, das Arbeitsverhältnis vereinfacht zu kündigen.

Mythos 2: In der Probezeit darf man keinen Urlaub nehmen

Das trifft nicht zu. Denn man erwirbt in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung für jeden vollen Monat ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs und der darf auch während der Probezeit genommen werden. Den Anspruch auf vollen gesetzlichen Urlaub hat man aber erst nach Ablauf von sechs Monaten.
Tipp: Wer schon lange eine Reise gebucht hat, sollte das beim Vorstellungsgespräch direkt ansprechen. In der Regel gibt es da keine Probleme.

Mythos 3: Im Krankheitsfall bekommt man in der Probezeit kein Geld

Auch das ist nicht korrekt. Nur in den ersten vier Wochen des neuen Arbeitsverhältnisses besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, danach aber schon: für maximal sechs Wochen.

Mythos 4: Man darf in der ­Probezeit nicht einfach so ­gekündigt werden

Eine fristlose beziehungsweise außerordentliche Kündigung ist aus wichtigem Grund jederzeit möglich – auch in der Probezeit. Wer beispielsweise stiehlt oder den Vorgesetzten grob beleidigt, sitzt schnell wieder vor der Tür.

Wer in der Probezeit schwanger wird oder es bereits ist, hat seinen Job für die nächsten Monate sicher.

Peter Voigt,
Leiter der Abteilung Justiziariat/Rechtspolitik/Rechtsschutz

Mythos 5: In der Probezeit gilt der Mutterschutz nicht

Keinesfalls. Der Mutterschutz gilt sowohl in der Probezeit als auch danach. Wer also in der Probezeit schwanger wird oder es bereits ist, hat seinen Job für die nächsten Monate sicher: Denn der besondere Kündigungsschutz beginnt mit dem Beginn der Schwangerschaft und dauert bis mindestens vier Monate nach der Geburt. Und wenn eine Mutter ihre Elternzeit angemeldet hat, dauert der besondere Kündigungsschutz bis zum Ende der Elternzeit.

Mythos 6: Wer schwerbehindert ist, übersteht jede Probezeit

Nein, das ist kein Selbstläufer. Anders als bei einer Schwangerschaft gilt der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte erst nach dem Ablauf von sechs Monaten. Das heißt: In den ersten sechs Monaten ist eine Kündigung auch ohne Zustimmung des Integrationsamts möglich.
Tipp: Wer fürchtet, wegen seines Status als schwerbehinderter Mensch benachteiligt zu werden, sollte seine Schwerbehinderteneigenschaft deshalb erst nach Ablauf eines halben Jahres offenbaren.

Mythos 7: Leiharbeitnehmende haben keine Probezeit

Irrtum, viele der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter arbeiten nur temporär in Zeitarbeit und wechseln nach ein paar Monaten wieder in ein klassisches Beschäftigungsverhältnis. Werden sie in den Entleihbetrieb übernommen, schließen sie mit dem Entleiher einen neuen Arbeitsvertrag, in dem wiederum eine Probezeit vereinbart werden kann – selbst wenn sich die Tätigkeit nicht ändert. Auch die Betriebszugehörigkeit wird nicht automatisch anerkannt, weil es sich um ein neues Arbeitsverhältnis handelt. Deshalb besteht auch in den ersten sechs Monaten kein Kündigungsschutz.