Vor Ort

Hessen-Thüringen

Zukunft für die Behringwerke

Text & Fotos Wolfgang Lenders

Nachdem am 30. Juli rund 4.000 Menschen an dem Standort in Marburg für dessen Erhalt demonstriert haben, nehmen die Aktivitäten zur Rettung Fahrt auf. Die IGBCE sieht die Entwicklungen weiterhin mit großer Sorge.

Nicht mit uns: Zur Demo bei den Behringwerken kamen rund 4.000 Menschen – und machten einen Höllenlärm.

Auf der Bühne: Bezirksleiterin Anne Weinschenk.

Der Lärm der Trillerpfeifen und der Ratschen war ohrenbetäubend, die Luft voller IGBCE-Fahnen – und immer mehr Menschen strömten auf den Parkplatz vor dem Eingang zum Standort Behringwerke. Schließlich zählte die Polizei rund 4.000 Personen – weit mehr, als die IGBCE, unterstützt vom DGB, erwartet hatte. „Es war toll“, sagt Anne Weinschenk, Leiterin des IGBCE-Bezirks Mittelhessen. „Dass so viele gekommen sind, hat uns enormen Rückenwind gegeben. Die Menschen haben gezeigt: Sie stehen hinter ihrem Standort und werden dafür kämpfen.“ Einigkeit demonstrierten auch die Betriebsräte, vertreten durch die Vorsitzenden, die auf der Bühne eindrückliche Statements abgaben. Weinschenk: „Es war ein bewegendes Bild von absoluter Solidarität.“

Mehrere Unternehmen wollen Arbeitsplätze streichen. CSL Innovation will seine Aktivitäten am Standort schrittweise komplett einstellen. Rund 500 Arbeitsplätze gehen verloren. Biontech hat mitgeteilt, dass etwa 300 Stellen wegfallen sollen. Und Nexelis Marburg will schließen, was rund 85 Arbeitsplätze kostet. ­Jonathan Peper, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Infrareal, brachte es auf den Punkt: „Das geht uns hier alle an. Die ganze Region, die Dienstleister, die Kolleginnen und Kollegen am Standort. Wenn hier 1.000 Arbeitsplätze wegfallen, was hat das für Konsequenzen für die Region? Das muss verhindert werden!“

Staatssekretär Umut Sönmez auf der Bühne.

Unterstützung bekamen die Beschäftigten von Kolleginnen und Kollegen aus der Umgebung, aus der Politik und von anderen DGB-Gewerkschaften. So überbrachte Stefan Sachs, erster Bevollmächtigter der IG Metall Mittelhessen, eine Solidaritätsbekundung. IGBCE-Landesbezirksleiterin Sabine Süpke kritisierte das Handeln der Unternehmen scharf. „Marburg ist nicht irgendein Standort. Hier ist der Impfstoff gemacht worden, der uns aus der Pandemie geholfen hat. Hier sind die Menschen, die das können.“

Die Marburger Stadträtin Kirsten Dinnebier sicherte Unterstützung der Kommune zu. Und Umut Sönmez, Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium, versprach die Unterstützung durch das Land: „Die Behringwerke sind für unsere Wirtschaftspolitik von entscheidender strategischer und strukturpolitischer Bedeutung.“

Hier ist der Impfstoff gemacht worden, der uns aus der Pandemie geholfen hat.

Sabine Süpke,
Landesbezirksleiterin

Landesbezirksleiterin Sabine Süpke auf der Bühne.

Inzwischen laufen die Gespräche über die Rettung des Standorts, unter anderem bei CSL Innovation und Biontech – mit ungewissem Ausgang. „Wir gucken nach wie vor mit Sorge auf die Entwicklungen des kompletten Standorts“, sagt Anne Weinschenk. „Wir können noch nicht abschätzen, welche Folgen die Pläne einzelner Unternehmen auf die anderen Betriebe haben. Aber wir werden kämpfen. Unsere Mitglieder haben gezeigt: Sie sind bereit, bis zum Äußersten zu gehen.“