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Vor Ort: Hessen-Thüringen

Borken

Vor historischer Kulisse: das Kasseler Sommerfest

Rekordbesucherzahl: Das Kasseler Sommerfest ist für viele eine Institution.

Foto: Wolfgang Lenders

Auch in diesem Jahr haben sich wieder IGBCE-Mitglieder aus dem Bezirk Kassel, ihre Familien und ihr Freundeskreis zum Sommerfest des Bezirks getroffen. Rund 800 Menschen kamen insgesamt am Samstag, 28. Juni 2025, in den Themenpark Kohle und Energie in Borken.

Vor der Kulisse der historischen Bergbaugroßgeräte erwartete die Besucherinnen und Besucher ein buntes Programm. So standen für Kinder mehrere Hüpfburgen auf der Wiese, an einem Stand des Schützenvereins Böddiger 1973 konnten sich Jung und Alt im Bogenschießen üben. Und wer sich traute, konnte sich von einer Plattform abseilen lassen.

Politisch wurde es beim Gestalten einer Mauer aus Pappkartons, die mit Motiven für Zukunft und Toleranz, für Vielfalt und gegen Hass bemalt und besprüht wurden. Die Jugend des IGBCE-Bezirks Kassel hatte eine Lounge gestaltet, in der nebenbei auch Fragen beantwortet werden mussten. Etwa zur Fejo, die Freizeit- und Reiseangebote für die Gewerkschaftsjugend organisiert.

Außerdem konnten sich die Besucherinnen und Besucher an den Stationen im Themenpark über die Geschichte des Borkener Braunkohlereviers informieren. Im Besucherstollen des Hessischen Braunkohle-Bergbaumuseums Borken erlebten sie, wie sich der Untertageabbau von Braunkohle früher angefühlt hat.

Nordhausen

Endlich: Abschluss bei Schachtbau

Es gibt einen Tarifabschluss für die rund 780 Beschäftigten von Schachtbau Nordhausen: Nach mehreren Streiks haben die IGBCE und der Arbeitgeber am 6. Juni einen Tarifvertrag unterschrieben.

Im Ergebnis steigen die Entgelte in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent; zum 1. Juli 2025 um drei Prozent und zum 1. Januar 2026 noch einmal um zwei Prozent. Zusätzlich erhalten die Beschäftigten eine Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro. Die Vergütungen der Auszubildenden steigen zum 1. September 2025 um 80 Euro und zum 1. September 2026 um weitere 60 Euro. Der neue Tarifvertrag läuft bis Ende 2026.

„Mit dem Abschluss kommt eine für Schachtbau Nordhausen ungewöhnlich lange und zähe Tarifbewegung zu einem guten Ergebnis“, sagt Andreas Schmidt, Verhandlungsführer und Leiter des IGBCE-Bezirks Thüringen. „Bis dahin waren drei Warnstreiks und zahlreiche Aktionen und Versammlungen im Betrieb notwendig. Unsere Mitglieder haben bewiesen, dass es sich lohnt, für seine Rechte und Interessen einzustehen.“

Parallel zu dem Arbeitskampf habe die IGBCE viele neue Mitglieder im Unternehmen gewonnen. Der Organisationsgrad der IGBCE im Unternehmen sei dadurch stark angestiegen.

Mittelhessen

Neues IGBCE-Spiel

Tarif-Sparschweine einsammeln, gefüllt mit gutem Gehalt – und dabei den Hindernissen Arbeitszeitüberschreitung, weniger Urlaub und Kündigung ausweichen: Darum geht’s im neuen, webbasierten Videospiel „IGBCE-Runner“ des Bezirks Mittelhessen.

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Hanau/Marl

Übernahme muss sein

Auszubildende brauchen eine klare Zukunftsperspektive und sie wollen ernst genommen werden: Ende Mai haben über hundert junge IGBCE-Mitglieder vor dem Tor zum Industriepark Wolfgang in Hanau, am Standort von Evonik, auf die Wichtigkeit einer Übernahmegarantie hingewiesen. Damit wollen sie Druck auf die Konzernführung des Spezialchemieherstellers ausüben. Organisiert hatten den Protest die IGBCE und die Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung (GJAV) bei Evonik. Gleichzeitig standen auch am Evonik-Standort Marl Jugendliche vor dem Tor.

In Hanau dekorierten die Teilnehmenden ab 13 Uhr mit ihren Handabdrücken und ihren Unterschriften eine Plane, die sie im Anschluss vor dem Haupttor an den Zaun hängten. Handabdrücke und Unterschriften stehen symbolisch für den Zusammenhalt und die Stärke der jungen Belegschaft und zeigen, dass die Jugend aktiv für ihre Rechte eintritt. Am Tor soll die Plane die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Unternehmensleitung auf die Herausforderungen der Auszubildenden lenken insbesondere darauf, wie wichtig es für sie ist, eine Übernahmegarantie nach der Ausbildung zu haben.

Während der Veranstaltung beantworteten Vertreterinnen und Vertreter der Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie des Betriebsrats und der IGBCE Fragen der versammelten Auszubildenden. Es wurde klar, wie wichtig es ist, gemeinsam für faire Bedingungen und eine sichere Zukunft zu kämpfen.

Gießen

Freigestellt zur BJA-Sitzung

Im Juni hat sich der neue Bezirksjugendausschuss (BJA) Mittelhessen das erste Mal komplett freigestellt zu einer ganztägigen Sitzung getroffen. Dafür nutzten die Mitglieder des BJA eine Regelung des hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuchs, das bis zu zwölf Tage bezahlte Freistellung im Jahr unter anderem zum Besuch von Tagungen, Lehrgängen und Seminaren in der Jugendarbeit ermöglicht.

Diese Regelung greift zum Beispiel dann, wenn jemand ein jugendpolitisches Ehrenamt ausübt. Beantragt wird die Freistellung bei den Jugendämtern vor Ort, die gegenüber dem Arbeitgeber eine Empfehlung zur Freistellung aussprechen. Die Kosten für das Entgelt für die entfallende Arbeitszeit erstattet dann das Land Hessen.

„Jetzt haben wir ausreichend Zeit, um unsere Sitzungen durchzuführen, gewerkschaftspolitische Inhalte auszuarbeiten und uns selbst als Gremium weiterzubilden“, sagt dazu Jasper Schultheis, JAV- und Jugendreferent im Bezirk Mittelhessen. Und er lobt: „Wir freuen uns, dass das Land Hessen ehrenamtliches Engagement auf diese Weise unterstützt.“

Ausführliche Informationen hier.


Hünstetten

Acht Jahrzehnte in der Gewerkschaft

Auch mit 94 Jahren konzentriert bei der Arbeit: Helmut Neuroth an seiner Fräsmaschine.

Foto: Wolfgang Lenders

Als Helmut Neuroth der Gewerkschaft beitritt, liegt Deutschland in Trümmern: im August 1945, mit 14 Jahren, nur wenige Wochen nach Beginn seiner Lehre zum Werkzeugmacher bei Wacker & Doerr in Nieder-Ramstadt bei Darmstadt. Geworben hat ihn ein alter ­SPDler, der während der Nazi-Zeit im Konzentrationslager war. „In der Werkstatt war eine große Stanze, und da hat ein älterer Herr dran gesessen. Der hatte so eine Ledermanschette am Arm“, erzählt Helmut Neuroth. „‚Mir haben sie im Lager die Hand kaputt gehauen‘, hat der gesagt. ‚Und jetzt bau’ ich hier die Gewerkschaft wieder auf.‘“ Für die Lehrlinge hat er einen klaren Rat: „Ihr Buben, wir kriegen böse Zeiten. Geht in die Gewerkschaft!“

Im Spätsommer 1951 eskalieren die Tarifverhandlungen zwischen IG Metall und Arbeitgebern in Hessen. Rund vier Wochen dauert der erste große Streik der noch jungen Bundesrepublik. Helmut Neuroth erinnert sich genau. „Wir sind jeden zweiten Tag zum Streiklokal gefahren und haben unser Streikgeld geholt.“

1952 wechselt er zur Max Richter KG, später Vitri GmbH, einem Hersteller von Haushaltsgeräten und Automobilteilen aus Kunststoff, und tritt der IG Chemie, Papier, Keramik bei. Er arbeitet in der Werkstatt. Dort lernt er auch seine Frau Rita kennen. Noch immer sind die beiden ein Paar. Fast vierzig Jahre ist Helmut Neuroth in dem Betrieb. Doch nach dem Verkauf an ein US-Unternehmen will man im Jahr 1992 offensichtlich ältere Beschäftigte loswerden. Gegen eine hohe Abfindung geht er mit 61 Jahren in Rente.

Doch fit ist Helmut Neuroth bis heute. „Dass ich gleich Rente beantragt habe, habe ich nie bereut“, sagt er. Mit seiner Frau zieht er von Nieder-­Ramstadt nach Hünstetten. Dort sucht er den Kontakt zu Vereinen. Seit über vierzig Jahren ist er inzwischen beim Nabu aktiv. Er betreut rund 300 Nistkästen im Wald, die er jeden Herbst reinigt. Aus dem Wald holt er auch das Holz, mit dem er sein Haus heizt.

Mitglied ist er auch im Schützenverein und in der Reservistenkameradschaft, obwohl er selbst nie Wehrdienst geleistet hat. Im Laufe der Jahre ist er, der zwei Brüder im Zweiten Weltkrieg verloren hat, bei der Pflege von Kriegsgräbern in mehreren europäischen Ländern dabei.

Helmut Neuroth hat neben seinem Haus eine Werkstatt mit je einer Fräs- und Drehmaschine, die vor Jahrzehnten in seinem Betrieb ausgemustert wurden. Auch heute, mit 94 Jahren, steht er noch regelmäßig an diesen Maschinen und fertigt zum Beispiel Ersatzteile für die Waffen seiner Freunde aus dem Schützenverein.