Mehr Frauen
in die IGBCE
Daniela Proch, Vorsitzende des Landesbezirksfrauenausschusses (LBFA), und Kora Wödl, Vorsitzende des Bezirksfrauenausschusses (BFA) Stuttgart, wollen dafür sorgen, dass sich der Frauenanteil im Landesbezirk deutlich erhöht.

Kora Wödl und Daniela Proch (rechts) wollen mehr Frauen für die aktive Gewerkschafts- und Gremienarbeit begeistern.
Foto: Tanja Mlejnek
Kora, du hast einen strategischen Vierjahresplan für den LBFA entworfen, der mehr Frauen für Gewerkschaftsmitgliedschaft, Betriebsratsgremien und gewerkschaftliche Strukturen begeistern soll. Warum?
Kora: Die IGBCE hat sich in den zurückliegenden Jahren zu einer stärkeren Beteiligung von Frauen in allen Gremien bekannt. Doch bislang gelingt es uns noch nicht, diese Maßgabe in unseren betrieblichen und gewerkschaftlichen Gremien mindestens entsprechend dem jeweiligen Frauenanteil an den Beschäftigten umzusetzen. Deshalb brauchen wir langfristige Strategien, deshalb der Vierjahresplan.
Daniela, wann wollt ihr in die Umsetzung gehen?
Daniela: Den Startschuss dazu gab es im Juli. Wir haben konkrete Maßnahmen erarbeitet, die wir jetzt vier Jahre lang bis zu den Betriebsratswahlen 2030 umsetzen.

Auf der Landeskonferenz erhielt die Zielsetzung klaren Zuspruch.
Foto: Axel Stefan Sonntag

Im Bezirk Freiburg ist der Frauenanteil bereits besonders hoch.
Foto: Dietrich Bechtel
Was genau habt ihr im ersten Jahr, also 2026, vor?
Kora: Wir werden mit vielen Auswertungen starten. Analysen, getrennt nach Branchen und Betrieben, die aussagen, welche Lücke jeweils zwischen dem Anteil der Arbeitnehmerinnen, den weiblichen IGBCE-Mitgliedern und ihren dementsprechenden Anteilen in den betrieblichen und gewerkschaftlichen Gremien klafft.
Was soll dann vor Ort passieren?
Daniela: Wir möchten auf LBFA-Ebene Kampagnen entwickeln, die die Gremien in den Betrieben passgenau für eine Gruppe von Frauen umsetzen können. Das gibt mehr Spielräume für mehr Aktivität.
Kora: Wir wollen die Netzwerkarbeit deutlich ausbauen. Ich selbst war lange Jahre nur IGBCE-Mitglied. Erst über Seminare und die hier gebildeten Netzwerke bin ich in die aktive Gewerkschaftsarbeit gekommen.
Wir wollen passgenaue Angebote schaffen.
Daniela Proch und Kora Wödl
Gibt es da nicht schon ausreichend Angebote?
Kora: Ja, aber viele finden nicht vor Ort statt. Müttern etwa ist eine Anreise nach Bad Münder zu weit. Wir brauchen mehr Möglichkeiten vor Ort und müssen dabei überlegen, diese mit einer Möglichkeit der Kinderbetreuung anzubieten.
Daniela: Zudem ist die Breite der Weiterbildungsmöglichkeiten in der Masse der Belegschaften leider oftmals unbekannt. Das ist kein Fehler der Gewerkschaft! Der Kommunikationsfluss kommt schlichtweg in vielen Betrieben beim Betriebsrat oder den Vertrauensleuten ins Stocken oder endet dort. Das müssen wir generell hinterfragen.
Euer Plan enthält ein Mentoring-Programm. Was habt ihr vor?
Kora: Wenn junge Frauen zu alt für die Jugendvertretung werden, aber trotzdem weiterhin aktiv in der Gewerkschaft sein wollen, fehlt ihnen ein Angebot. Also wollen wir über die BFAs und die Bezirksvorstände dafür werben, dass wir all diese jungen Menschen ansprechen. Das Patenschaftsprogramm soll erfahrene Frauen ermutigen, Nachwuchskräfte auf ihrem Weg in Gewerkschaft und Gremien zu begleiten.

Auftakt gemacht: Mit der Sommerklausur des Landesbezirksfrauenausschusses startete das Konzept.
Foto: Tanja Mlejnek

Foto: Tanja Mlejnek
Wo nehmt ihr den Elan für all das her?
Kora: Ich habe jüngst als Vertrauensleutevorsitzende die Frauen als Zielgruppe unserer Vertrauensleutearbeit definiert. Das weckte bei manchen Männern fragende Blicke und Äußerungen wie sinngemäß „Ihr verdient dasselbe, ihr werdet gleichbehandelt, wieso brauchen wir Frauen als Zielgruppenarbeit?“. Ja, in tarifgebundenen und mitbestimmten Betrieben mag es Parität geben. Gleichwohl bleiben Ungleichbehandlungen, wie etwa der Wunsch, nach der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten.
Daniela: Wir haben eine Betriebsvereinbarung „Familie und Beruf“, die kürzlich ein junger Mann in Anspruch nahm, um seine Mutter zu pflegen. Das ist Gleichbehandlung, von der alle profitieren und die uns als Betrieb im Ringen um Fachkräfte attraktiver macht. Deshalb wollen wir solche Vereinbarungen ausbauen.