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Mehr als Melissengeist
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Klosterfrau – das klingt nach Erkältungstee, Apothekenschrank und einer ordentlichen Portion Geschichte. Doch wer genauer hinschaut, entdeckt ein Unternehmen im Wandel: tarifgebunden, mitbestimmt, zukunftsorientiert. Ein Blick hinter die Klosterfrau-Kulissen zeigt, wie Tradition und Transformation zusammengehen.
Klosterfrau
Klosterfrau – bei dem Namen denken viele sofort an den berühmten Melissengeist. Das traditionsreiche Produkt gehört zu den bekanntesten Marken in deutschen Apotheken. Doch hinter dem vertrauten Etikett verbirgt sich weit mehr: ein breit aufgestelltes Unternehmen mit mehr als 1.600 Beschäftigten, vier Geschäftsbereichen – von Arzneimitteln über Medizintechnik bis zu Kosmetik – und einer 200-jährigen Geschichte, die bis heute prägend ist. 1826 gründet die Ordensschwester Maria Clementine Martin ein eigenes Unternehmen am Fuße des Kölner Doms. Um ihre Heilmittel vor Nachahmern zu schützen, bittet die Ordensschwester König Friedrich Wilhelm III. darum, das preußische Wappen auf den Etiketten ihrer Waren führen zu dürfen. Noch heute prangt es auf dem bekannten Melissengeist. Verbunden mit der Erschließung neuer Märkte, wurde das Gesamtsortiment ständig erweitert. Mehr als 200 Produkte werden mittlerweile von der Klosterfrau Healthcare Group vertrieben, darunter Hustenbonbons, Erkältungsbäder, Vitamin- und Kräuterdragees. Die Gruppe mit zahlreichen Tochterunternehmen in der ganzen Welt agiert international. Die Unternehmenswurzeln aber reichen tief – und sind besonders am Hauptsitz in Köln sichtbar.
Gründung 1826 durch Maria Clementine Martin
Rechtsform GmbH
Eigentümer Klosterfrau Zürich AG (Stiftung)
Geschäftsbereiche Consumer Healthcare, Medical, Contract Manufacturing, Cosmetics
Umsatz 437,1 Millionen Euro (2023)
Gewinn 36,6 Millionen Euro (2023)
Beschäftigte rund 1.600 weltweit, davon etwa 80 Prozent in Deutschland
Arbeitsumgebung
Der Verwaltungssitz von Klosterfrau liegt zentral in Köln, dort ist das Unternehmen historisch und strukturell tief verankert. Das zeigt sich auch in der engen Zusammenarbeit mit lokalen Einrichtungen und der Präsenz im Viertel. Klosterfrau ist hier nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Teil des öffentlichen Lebens. Neben Köln ist das Unternehmen mit weiteren Standorten in Berlin, Lüchow und München vertreten. Jeder dieser Standorte übernimmt eigene Funktionen. Trotzdem arbeiten die Standorte eng verzahnt zusammen.
Für die Beschäftigten gibt es zahlreiche Angebote, die den Alltag erleichtern und ihre Gesundheit fördern sollen. Neben Zuschüssen für Mobilität und Sport gehören auch ein betriebliches Gesundheitsmanagement, Altersvorsorge, kostenlose Getränke und frisches Obst sowie kosmetische Behandlungen in der unternehmenseigenen Beauty-Akademie am Standort Köln zum Paket. In Sachen Weiterbildung stehen den Beschäftigten neben klassischen Fortbildungsmaßnahmen und externen Schulungen digitale Lernplattformen offen.
Ausbildung hat bei Klosterfrau einen hohen Stellenwert. In Berlin werden derzeit 19 Auszubildende in zehn Berufen ausgebildet, zum Beispiel Elektroniker*innen für Automatisierungstechnik, Pharmakant*innen oder Fachkräfte für Systemintegration. In Köln begleitet ein eigener Werklehrer vier kaufmännische Azubis durch ihre Ausbildung.
Betriebsklima
Das Betriebsklima in der Klosterfrau-Gruppe wird von den Beschäftigten als wertschätzend, kollegial und teamorientiert beschrieben. In vielen Bereichen herrscht ein hohes Maß an Identifikation mit den Aufgaben. Eine offene Kommunikation auf Augenhöhe sowie gegenseitige Unterstützung prägen den Arbeitsalltag. Regelmäßige sogenannte Pulse-Checks – das sind kurze Stimmungsabfragen unter den Beschäftigten – sowie Befragungen zur psychischen Belastung helfen dabei, Entwicklungen im Meinungsbild frühzeitig zu erkennen.
In der Berliner Produktion sind die Belastungen durch Schichtarbeit und parallele Projektarbeit teilweise höher, insgesamt wird die Zusammenarbeit aber als stabil empfunden. Kritische Rückmeldungen betreffen vor allem Unterschiede im Führungsstil zwischen einzelnen Bereichen und eine mitunter ungleiche bereichsübergreifende Kommunikation. Diese Themen werden aktiv aufgegriffen, unter anderem durch interne Dialogformate und Abstimmungen im Alltag.
Eine Inklusionsvereinbarung ist ebenso Teil der gelebten Personalpolitik wie der sensible Umgang mit gesundheitlichen Einschränkungen.
Mitbestimmung
Die Mitbestimmung ist an allen deutschen Standorten durch Betriebsräte gesichert. Es gibt keinen formellen Gesamtbetriebsrat, jedoch ein informelles standortübergreifendes Gremium für übergeordnete Themen wie künstliche Intelligenz (KI). Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie Schwerbehindertenvertretung sind etabliert. Vertrauensleutekörper gibt es nicht.
Die Zusammenarbeit mit den Geschäftsleitungen gilt als konstruktiv. Der jeweilige Betriebsrat wird in alle Entscheidungen rechtzeitig eingebunden und mit an den Tisch geholt. Betriebsvereinbarungen regeln unter anderem mobiles Arbeiten, Gleitzeit, den Umgang mit KI oder Urlaubs- und Brückentage. Die IGBCE ist regelmäßig präsent, etwa bei Betriebsversammlungen oder Aktionen. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad liegt konzernweit dennoch nur bei rund zehn Prozent. Die Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaft und Betriebsrat litt zuletzt unter der hohen Fluktuation auf Gewerkschaftsseite, insbesondere in Köln.
Tarifbindung
Die Gesellschaften der Klosterfrau Group sind größtenteils tarifgebunden. Es gilt der Flächentarifvertrag der chemisch-pharmazeutischen Industrie – vollständig und ohne Öffnungsklauseln. Die tariflichen Regelungen gelten sowohl für tariflich Beschäftigte als auch – in bestimmten Fällen – für außertariflich Beschäftigte.
Die tarifliche Wochenarbeitszeit beträgt 37,5 Stunden. In der Verwaltung arbeiten die Beschäftigten in Gleitzeit, in der Produktion wird in einem Teilkonti-Schichtsystem gearbeitet – teilweise auch an Wochenenden und Feiertagen. Die Regelungen für den Außendienst sind gesondert festgelegt. Überstunden werden digital erfasst und durch Zeitkonten oder Freizeitausgleich abgebaut. Jahresgespräche sind fester Bestandteil der Personalentwicklung.
Zukunftsfähigkeit
Klosterfrau verfolgt eine mittel- bis langfristig angelegte Strategie mit Fokus auf Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Innovation. Investiert wird in neue Produktionslinien, etwa in Berlin, in moderne ERP-Systeme (Enterprise-Resource-Planning), um die gesamte Wertschöpfungskette zu vernetzen, sowie in Maßnahmen zu einer klimafreundlicheren Energieversorgung. In Lüchow läuft ein Pilotprojekt zur Wasserstoffnutzung.
Die Gruppe ist in vier Geschäftsbereichen aktiv – Consumer Healthcare, Medical, Contract Manufacturing und Cosmetics – und dadurch robust gegenüber Marktschwankungen aufgestellt. Herausforderungen wie regulatorische Anforderungen, Fachkräftemangel oder internationaler Wettbewerbsdruck treffen das Unternehmen aber trotzdem. Die Fachkräftesicherung erfolgt über Ausbildung, gezieltes Recruiting und Kooperationen mit Bildungseinrichtungen.
Das sagt Klosterfrau
Klosterfrau sieht sich als ein Start-up aus dem Jahre 1826. Gegründet von einer Frau, verfolgt man auch nach fast 200 Jahren noch das Ziel, Tradition und Innovation neu zu verbinden. Dabei habe die Klosterfrau Group eine klare Zukunftsstrategie, die auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und kontinuierlicher Produktinnovation basiert. Starke Marken, hohe Produktqualität, familiäres Betriebsklima und eine verantwortungsbewusste Unternehmenskultur zeichnen das Unternehmen aus.
Unser Fazit
Klosterfrau ist ein tarifgebundener Arbeitgeber mit langer Geschichte und regional verwurzelten Standorten. Die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung gilt als konstruktiv, das Betriebsklima wird vielerorts als offen und kollegial beschrieben. Mitbestimmung, Ausbildung und Flexibilisierung der Arbeitswelt spielen eine zentrale Rolle. Zugleich zeigen sich an manchen Stellen unterschiedliche Wahrnehmungen – etwa in der Führungskultur oder der bereichsübergreifenden Kommunikation. Mit dem 200-jährigen Jubiläum im Blick befindet sich die Klosterfrau Group in einem aktiven Wandel – mit klarer strategischer Ausrichtung und gleichzeitigem Bewusstsein für bestehende Herausforderungen.
Quellenhinweis: Dieser Arbeitgebercheck basiert auf Recherchen bei Beschäftigten, Betriebsräten, Vertrauensleuten sowie Betriebsbetreuerinnen und -betreuern der IGBCE. Die zusammengetragenen Informationen sind aus Gründen des Quellenschutzes bewusst anonymisiert. Jede Angabe kann jedoch konkret bestimmten Quellen zugeordnet werden. Zudem wurden öffentlich zugängliche Quellen einschließlich der Angaben des Unternehmens selbst genutzt.